Die Stärke der Anderen Sechs Gründe für den Erfolg der Außenseiter bei der WM 2018
Moskau. Der Confederations Cup ist gerade einmal zwölf Monate her - die damals als Weltmeister oder Kontinentalchamps angetretenen Teams sind nun bei der Fußball-WM in Russland aber allesamt entzaubert.
Weltmeister Deutschland scheiterte krachend in der Vorrunde, auch die früheren Titelträger Spanien und Argentinien erwischte es bereits im Achtelfinale. Mexiko, Portugal? Draußen. Südamerika-Meister Chile? Gar nicht erst qualifiziert.
Diese Endrunde, das lässt sich schon vor dem Viertelfinale und den letzten acht Turnierspielen bilanzieren, ist ein einziges Favoritensterben. Außenseiter bahnen sich ihren Weg in Richtung WM-Titel, mal frech, mal ausdauernd, mal ultrapassiv und mit einer ordentlichen Portion Glück. Doch der Trend der starken Außenseiter hat einige Gründe.
Was Real Madrid auf Vereinsebene seit Jahren eindrucksvoll widerlegt, ist bei den Nationalteams massiv bemerkbar: Großen Champs fehlt der ganz große Hunger nach mehr! Mit Portugal (EM 2016), Deutschland (WM 2014), Spanien (EM 2012) und Chile (Copa América 2015 und 2016) sind alle großen Sieger der vergangenen Jahre ausgeschieden oder gar nicht vertreten. In keinem der Fälle erschien das Ausscheiden besonders unverdient oder unglücklich.
Spanien wirft einen Tag vor der WM den Trainer raus, Deutschland kämpft mit den Folgen eines Fotos zweier Spieler mit dem türkischen Präsidenten und in Argentinien machen Gerüchte die Runde, dass Lionel Messi und nicht Trainer Jorge Sampaoli die Aufstellung diktiert. Große Fußball-Nationen haben sich in ihrer Favoritenrolle selbst zerfleischt und somit die Tür geöffnet für Außenseiter ohne große Nebengeräusche.
Das gemeinsame Scheitern mit dem gleichen Kern schweißt zusammen, das beweisen in diesen Tagen vor allem Kroatien und Belgien. Trotz Elfmeter-Krimi (Kroatien) und 0:2-Rückstand (Belgien) hielten sich die Geheimfavoriten im Turnier und demonstrierten ihre Stärke als Team. Mit Luka Modric und Eden Hazard haben beide Teams akzeptierte und meinungsstarke Führungsspieler.
Ein weiterer Beweis für den Triumph der Einheit: Gastgeber Russland, der trotz seiner limitierten Möglichkeiten und Unterlegenheit auf dem Papier Ex-Champ Spanien ausschaltete.
Wenn nichts hilft, hilft der Punkt. Gerade in K.o.-Spielen profitiert häufig der Außenseiter vom Elfmeterschießen. Der Gedanke, gegen ein stärkeres Team 120 Minuten den Gleichstand zu halten, befeuert Teams wie Russland - und trägt sie, wie in Moskau am Sonntag gesehen, sogar manchmal ins Viertelfinale.
Wer als Außenseiter bei einer WM überraschen will, muss effizient sein. Das bewiesen die Russen, die gegen Spanien aus einer Chance ein Tor machten und auch die Kroaten, die Messis Argentinier gnadenlos für ihre Fehler bestraften und 3:0 gewannen.
Der Ballbesitzfußball der Passmaschinen aus Spanien und Deutschland scheint derzeit gescheitert. Die Teams von Fernando Hierro und Joachim Löw dominierten die Spiele, kontrollierten beinahe ständig den Ball, schieden aber frühzeitig aus. Feste Personalgerüste, ein starres Spielsystem: Die Favoriten wirken oft viel zu unflexibel. Anders die Außenseiter, die Systeme wechseln, überraschende Joker bringen und so verblüffen. Einige der Favoriten waren darauf in Russland offenbar nicht gefasst. dpa