Weltmeisterschaft im TV: Mein lieber Scholli
Bei einer WM lernt man ja allerhand dazu. Zum Beispiel im Fach Länderkunde: Der Iran zum Beispiel zählt zu den „Südländern“, wie Steffen Simon in der ARD zu erklären wusste. Auch wichtig das Fach Psychologie: Oliver Kahn ist bekanntlich ein großer Kenner in allen Fragen der „Mentalitäääät“, es ist sein Lieblingsthema.
Warum der ZDF-Experte immer die letzte Silbe derart dehnt, dass man glaubt, er wolle gar nicht mehr loslassen, wäre vielleicht auch mal eine Frage für logopädisch ausgebildete Psychologen. Oder psychologisch ausgebildete Logopäden. Wie auch immer.
Es gehört bei einem solchen Mega-Ereignis, bei dem sich fast die gesamte Republik vor den Bildschirmen versammelt, einfach dazu, dass man ein bisschen ablästert über die Kommentatoren, Moderatoren, Experten. Anlässe dazu finden sich immer. Auch über die Moderatorinnen natürlich, von denen es im TV-Fußball immer noch erstaunlich wenige gibt — sieht man mal von Katrin Müller-Hohenstein ab, die beim Ablästern natürlich keinesfalls übersehen werden darf. Soviel Gleichberechtigung muss sein.
Obwohl sie es bei ihren Interviews im Campo Bahia auch nicht schlechter machte als Gerhard Delling. Die entspannte Ferien-Stimmung unter Palmen, die beide da verbreiteten, täuschten über die Schwere ihrer Aufgabe hinweg: Nähe simulieren zum deutschen Team und aus einem großen Nichts an Informationen zahlreiche, meist überflüssige Sendeminuten zimmern.
Aber man konnte auch tatsächlich etwas lernen bei dieser WM. Meistens dann, wenn Mehmet Scholl beteiligt war. Die Kommentare des ehemaligen Nationalspielers sind knapp und klar, kreativ und unterhaltsam. Auch wenn bis heute nicht recht nachvollziehbar ist, was eine „Gänsehautentzündung“ sein soll. Aber ein Fußball-Experte mit wortschöpferischem Talent, da muss man lange suchen. Scholl ist gereift, man möchte sagen, erwachsen geworden. Er hat ätzende Mätzchen wie bei der Euro 2012 nicht mehr nötig, als er sich an Mario Gomez abarbeitete: „Ich hatte zwischendurch Angst, dass er sich wundliegt und gewendet werden muss.“
Nicht zu unterschätzen ist der Part von Matthias Opdenhövel an Scholls Seite. Der „Sportschau“-Moderator ist kein braver Stichwortgeber, aber auch keiner, der permanent und angestrengt einen witzigen Schlagabtausch zu inszenieren versucht. Dieses Modell wurde ja auch schon vom Grimme-Preis-gekrönten Duo Delling/Günter Netzer totgeritten.
Scholl und Opdenhövel werden am Sonntag das Rahmenprogramm zum WM-Finale präsentieren. Es ist, wie sich im Verlaufe des Turniers herausgestellt hat, eine Top-Besetzung.