WM-Gastgeber: Sechsmal Weltmeister, ein Vorrunden-Aus
Berlin (dpa) - Brasilien wird mit einer Wahrscheinlichkeit von 31,6 Prozent Weltmeister - statistisch gesehen. Sechs Gastgeber der bisherigen 19 Auflagen einer Fußball-WM triumphierten am Ende.
Alle ihre fünf WM-Titel holte die „Seleção“ im Ausland. Denn bei der Heim-WM 1950 sorgte Uruguay mit seinem Sieg im Maracana für ein nationales Trauma. Alle Gastgeber überstanden bis 2010 zumindest die Vorrunde - vor vier Jahren scheiterte Südafrika als erster WM-Ausrichter bereits in den Gruppenspielen.
Die Nachrichtenagentur dpa blickt auf die Bilanz der WM-Gastgeber zurück:
1930 (Gastgeber Uruguay/Weltmeister): Die WM-Premiere leidet unter der mangelnden Reiselust der großen europäischen Mannschaften. Uruguay wird im neu erbauten Estadio Centenario von Montevideo vor 93 000 Zuschauern durch ein 4:2 gegen Argentinien Weltmeister.
1934 (Italien/Weltmeister): Titelverteidiger Uruguay schmollte noch und blieb daheim, Gastgeber Italien wird bei der Propaganda-WM des Duce Weltmeister. Beim 2:1 nach Verlängerung gegen die Tschechoslowakei hilft Azzurri-Härte und ein gnädiger Schiedsrichter.
1938 (Frankreich/Viertelfinale): Nach einem 3:1 zum Auftakt gegen Belgien scheitert Frankreich in der Runde der letzten Acht. Silvio Piola schießt Titelverteidiger Italien im Pariser Prinzenpark mit zwei Toren ins Halbfinale. Italien wird erneut Weltmeister.
1950 (Brasilien/WM-Zweiter): Das Maracana ist bereit, 200 000 Zuschauer sind sich sicher: Brasilien wird Weltmeister! In der Finalrunde reicht gegen Uruguay ein Remis, doch kurz vor Schluss stürzt Ghiggia mit dem 2:1 ein ganzes Land in ein kollektives Trauma.
1954 (Schweiz/Viertelfinale): Die Eidgenossen überraschen: Der Gastgeber schaltet den zweimaligen Weltmeister Italien durch ein 4:1 aus. Im Viertelfinale kommt es zur Hitzeschlacht von Lausanne: Das 5:7 gegen Österreich ist bis heute das torreichste WM-Spiel.
1958 (Schweden/WM-Zweiter): Den deutschen Fans klangen die „Heja“-Sprechchöre des Halbfinales von Göteborg lange in den Ohren. Nach dem Platzverweis für Juskowiak schied der Titelverteidiger aus. Im Finale war Brasilien mit Pelé beim 5:2 zu stark für Schweden.
1962 (Chile/WM-Dritter): Chile verliert in seiner Vorrundengruppe nur gegen Deutschland und gewinnt im Viertelfinale gegen die UdSSR mit Torwartlegende Jaschin. Nach einem 2:4 gegen Weltmeister Brasilien bedeutet Platz drei (1:0 gegen Jugoslawien) Chiles größten WM-Erfolg.
1966 (England/Weltmeister): Vor den Augen der Queen macht das Wembley-Tor England zum Weltmeister. Ob der Ball zum 3:2 in der Verlängerung (Endstand 4:2) wirklich hinter der Linie war, darüber wird in Deutschland und auf der Insel noch heute gestritten.
1970 (Mexiko/Viertelfinale): In der Höhenluft nutzte Mexiko seinen Heimvorteil. Vor jeweils 110 000 Zuschauern zogen die Gastgeber ungeschlagen ins Viertelfinale ein. Durch Losentscheid wurde die UdSSR Gruppensieger, Mexiko unterlag im Viertelfinale Italien 1:4.
1974 (Deutschland/Weltmeister): Nach dem 0:1 im deutsch-deutschen Prestigeduell gegen die DDR geht ein Ruck durch das veränderte BRD-Team. In der Frankfurter Wasserschlacht werden die Polen, dann im Münchner Endspiel die favorisierten Holländer 2:1 bezwungen.
1978 (Argentinien/Weltmeister): Unweit der Folterlager der Militärjunta hat dieser Sieg einen politischen Beigeschmack. Das entscheidende Spiel um den Finaleinzug findet erst verspätet statt, das Ergebnis (6:0 gegen Peru) reicht, um Brasilien noch abzufangen.
1982 (Spanien/Zwischenrunde): Deutschland besiegelt das WM-Aus der spanischen Gastgeber, die in der Gruppenphase zuvor schon nicht überzeugen. Nach dem 2:1 in der Zwischenrunde kommt Deutschland als Erster der Dreiergruppe ins Halbfinale.
1986 (Mexiko/Viertelfinale): Diesmal eliminiert das DFB-Team den WM-Gastgeber. Bis zum Viertelfinale nutzt Mexiko in der Höhenluft seinen Heimvorteil. Im Elfmeterschießen von Monterrey pariert Toni Schumacher zweimal - 4:1 für Deutschland.
1990 (Italien/WM-Dritter): Italien mit WM-Star Toto Schillaci marschiert bis ins Halbfinale und scheitert beim 3:4 im Elfmeterschießen an Argentinien. Als Trostpreis gibt es Platz drei durch ein 2:1 im Kleinen Finale gegen England.
1994: (USA/Achtelfinale): Das damalige Fußball-Entwicklungsland USA schlägt sich wacker, wirft in seiner Gruppe die höher eingeschätzten Kolumbianer raus. Im Achtelfinale halten die US-Boys gegen Brasilien lange das 0:0, ehe Bebeto eine Viertelstunde vor Schluss trifft.
1998 (Frankreich/Weltmeister): Angeführt von Zinedine Zidane erfüllt die Equipe tricolore ihre Mission. In den K.o.-Spielen muss sie aber zittern: Sieg durch Golden Goal gegen Paraguay, im Elfmeterschießen gegen Italien. Im Finale hat Brasilien beim 3:0 dann keine Chance.
2002 (Japan/Achtelfinale/Südkorea/WM-Vierter): Bei der WM in zwei Ländern scheiterte Co-Gastgeber Japan 0:1 an der Türkei, Südkorea überrascht auch dank der Schiedsrichter gegen Italien und Spanien, verliert aber im Halbfinale 0:1 gegen Deutschland.
2006 (Deutschland/WM-Dritter): Das Sommermärchen lässt ein ganzes Land feiern. Klinsmanns Team begeistert, bis im Halbfinale die Italiener beim 2:0 in der Schlussphase der Verlängerung zuschlagen. Das 3:1 im kleinen Finale gegen Portugal wird trotzdem gefeiert.
2010 (Südafrika/WM-Vorrunde): Das erste Turnier in Afrika bringt ein Novum: Erstmals scheitert der Gastgeber in der Vorrunde. Südafrika nutzt das abschließende 2:1 gegen die indisponierten Franzosen nichts mehr - das punktgleiche Mexiko hat die bessere Tordifferenz.