Wunder an der Weichsel - Polen Fußballhimmel

Warschau (dpa) - Lukasz Piszczek war sich der historischen Dimension des Geschehenen voll und ganz bewusst. „Die ganze Nation ist zufrieden und wird feiern“, sagte der Profi von Borussia Dortmund freudestrahlend im Nationalstadion von Warschau.

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„Wir haben Geschichte geschrieben, zum ersten Mal gegen Deutschland gewonnen, auch gegen den Weltmeister“, sagte Piszczek stolz. Auch Sebastian Mila, dem in der 88. Minute der Treffer zum 2:0-Endstand gegen die Auswahl von Bundestrainer Joachim Löw gelungen war, konnte sein Glück kaum fassen. „Wir hatten den Hunger, das Unmögliche zu schaffen. Mein großer Traum ist wahr geworden.“

Die meisten Fans in der ganz in die polnischen Nationalfarben Weiß und Rot getauchten Arena sind nach dem Schlusspfiff im Fußballhimmel und liegen sich freudetrunken in den Armen. Tausende strömen über die Weichselbrücke in die Innenstadt oder gleich in die umliegenden Kneipen. Viele singen, inzwischen schon etwas heiser, andere sind ganz still, blicken immer noch ungläubig und sind sprachlos. Es ist tatsächlich geschehen: Polen hat einen Fußballsieg über Deutschland errungen, über den Weltmeister.

Auf diesen Moment musste Polen seit der ersten Fußball-Begegnung im Jahr 1933 warten. Und ausgerechnet in dem Jahr, in dem Deutschland in Rio den vierten WM-Titel holt, gelingt das „Wunder an der Weichsel“. „Heute ist Geschichte geschrieben worden!“ jubelte der polnische Stadionsprecher gleich nach dem Abpfiff.

Die Polen hatten der Begegnung entgegengefiebert und wie so oft gehofft, den Fluch der Sieglosigkeit gegen das Team aus dem Nachbarland brechen zu können. „Das ist das Spiel der Spiele, der Klassiker der Klassiker, der Kampf der Kämpfe!“, hatte der Liveticker des Portals „Sport.pl“ denen, die nicht vor Ort sein konnten, schon zum Matchbeginn eingeheizt. Am Ende fehlten auch den Autoren die Worte: „Wir wissen nicht, was wir noch schreiben können. Wir hatten sehr viel Glück (auf Polnisch szczescie) und noch mehr Szczesny.“

„Ein Traum ist wahr geworden“, lautete einer der Kommentare im Nachrichtensender „TVN 24“, der immer wieder die beiden polnischen Treffer und den Jubel der Fans zeigte. Auf den Straßen rund ums Stadion mussten sich manche Fans gegenseitig überzeugen, dass sie wirklich nicht träumten. „Ich kann das alles noch gar nicht richtig glauben“, sagte der 28-jährige Tomek, der mit einer Gruppe Freunde aus dem zentralpolnischen Radom nach Warschau gekommen war. „Ich glaube, wirklich begreifen werde ich diesen Sieg erst später.“

Ein strahlendes Siegerlächeln zeigte auch Robert Lewandowski. „Am Anfang hatten wir zu viele Respekt. Wir hatten nicht viele Chancen, aber die haben wir genutzt. Wir wollten Geschichte schreiben“, stellte der polnische Kapitän in Diensten des FC Bayern München zufrieden fest. Dabei soll es aber nicht bleiben, meinte Lewandowski mit Blick auf das Qualifikationsspiel gegen Schottland am Dienstag: „Da wollen wir ebenfalls drei Punkte holen.“