Fußball-Regionalliga Hat der Wuppertaler SV seine Gemeinnützigkeit verloren?
Wuppertal · Der Fußball-Regionalligist kämpft bei der Suche nach einer Zukunfts-Perspektive mit den Sünden der Vergangenheit.
Während es nach außen beim Wuppertaler SV ruhig ist und seit Wochen bis auf den Trainingsstart kaum Nachrichten bekannt werden („wenn etwas feststeht, werden wir es auch vermelden“, sagt Vorstandsmitglied Thomas Richter) laufen hinter den Kulissen viele Gespräche darüber, wie es für den Wuppertaler SV ab Sommer weitergehen kann, ob weiter in der Regionalliga, ob mit oder ohne Friedhelm Runge, und wenn ja in welcher Funktion. Vor allem der Umgang mit den geschätzt 1,1 bis 1,2 Millionen Euro Altschulden steht im Fokus. Nach Informationen unserer Zeitung ist nun noch ein Problem hinzugekommen. Zwar bestätigen das weder Finanzamt noch Verein im Hinblick auf das Steuergeheimnis, doch möglicherweise hat der Fußball-Regionalligist seine Gemeinnützigkeit verloren. Ihn könnten die Sünden der Vergangenheit eingeholt haben. Schon länger war bekannt, dass die Steuerfahndung ermittelt, weil unter dem alten Vorstand wohl eine Reihe von Scheinverträgen mit Angehörigen von Spielern abgeschlossen worden sein sollen.
WSV-Finanzvorstand Melanie Drees ist seit ihrer Amtsübernahme vor gut einem Jahr nicht zu beneiden. Immer wieder tauchen neue Altlasten aus der Vergangenenheit auf, müssen kurzfristig neue Löcher gestopft werden. „Wenn alles so läuft wie gedacht, kann hoffentlich endlich Positives vermeldet werden, andererseits brauchen wir Ruhe, um Dinge auch vorzubereiten“, sagt sie auf die Frage, wann man mit einer Zukunftsperspektive für den Verein rechnen könne.
Ob dem WSV, wie der WZ aus mehreren Quellen zugetragen wurde, die Gemeinnützigkeit aberkannt worden ist, dazu will sie sich mit Hinweis auf das Steuergeheimnis nicht äußern. „Wirkliche Vorteile hat die Gemeinnützigkeit nicht, außer dass ein Verein Spendenquittungen ausfüllen kann“, relativiert sie die Bedeutung. Laut Oberfinanzdirektion NRW bleiben beim Verlust der Gemeinnützigkeit Einnahmen im ideellen Bereich (Mitgliedsbeiträge oder Spenden) zwar steuerfrei, die Spende können von den Spendern aber nicht mehr im Rahmen der Einkommensteuererklärung steuermindernd geltend gemacht werden.
Zu berücksichtigen ist auch, dass bei gemeinnützigen Vereinen Gewinne aus steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben bei der Körperschaftssteuer und der Gewerbesteuer steuerfrei bleiben, wenn die Bruttoeinnahmen aus allen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben 35 000 Euro im Jahr nicht übersteigen. Für Jahre, für die die Gemeinnützigkeit aberkannt wird, gilt diese Grenze nicht mehr. Gewinne, die bisher wegen Unterschreiten dieser Grenze steuerfrei waren, werden bei Wegfall der Gemeinnützigkeit steuerpflichtig. Gemeinnützige Organisationen können die sogenannte Übungsleiterpauschale und den Ehrenamtsfreibetrag für den Empfänger steuerfrei gewähren. Außerdem ist die Sondernutzung an öffentlichen Plätzen und Wegen und zum Beispiel Schulsporthallen sehr viel einfacher zu erreichen. Auch sind einige staatliche Zuschüsse daran gebunden, dass der
Empfänger gemeinnützig ist.
Oberbürgermeister Andreas Mucke, der genau wie etwa die Stadtwerke an Gesprächen zur Zukunft des WSV beteiligt ist, habe auf Anfrage zwar noch nicht von einem Verlust der Gemeinnützigkeit gehört, sagt aber: „Wenn es so wäre, würde es mich nicht wundern. Das hat sich in den vergangenen Monaten ja abgezeichnet. Für einen Verein, der finanziell nicht auf Rosen gebettet ist, ist das natürlich unschön. Sollte es so sein, hoffe ich, dass durch eine vernünftige Aufstellung für die Zukunft die Grundlagen für eine Gemeinnützigkeit wieder geschaffen werden.“
Gaetano Manno würde gerne beim WSV mitarbeiten
Doch wie stellt sich der Verein für die Zukunft auf? Während Finanzen und eine mögliche Beteiligung von Friedhelm Runge, der dem WSV in der abgelaufenen Saison bereits mit Zahlungen bei den Gehältern geholfen hatte, noch offen sind – die Frage ist auch, welches Mitspracherecht Runge bekommen würde – bieten sich andererseits bereits Mitarbeiter an. So würde Ex-Kapitän Gaetano Manno gerne einen Posten beim WSV bekleiden. „Ich könnte mir vorstellen, etwa als Co-Trainer oder Teammanager beim WSV mitzuwirken“, sagt der 37-Jährige, der insgesamt sechs Jahre lang beim WSV gespielt hat und zu den Protagonisten der letzten großen Euphoriephase des WSV – dem Regionalliga-Aufstieg – gehört. „Danach sind viele Fehler gemacht worden, ist die Bodenhaftung verloren gegangen“, sagt er zu den heutigen Schulden. Manno, der noch ein Jahr lang einen Vertrag bei Hagen 11 hat, das gute Chancen besitzt, nächste Saison in der Westfalenliga zu spielen, gibt seine Café-Lounge-Bar „Da Manno“ in Hagen zum 1. Juli ab, weil sich das mit kleinen Kindern kaum vereinbaren ließe. Er sucht eine neue familienfreundlichere Betätigung. Mit Friedhelm Runge habe er bereits mehrfach über den WSV gesprochen.
Dortmund wird Interesse
an Bieler nachgesagt
Auch habe er gehört, dass Pascal Bieler, den WSV-Sportdirektor Thomas Richter gerne weiter als Trainer halten möchte, für den Co-Trainer-Posten bei der U23 von Borussia Dortmund vorgesehen sei. Bieler selbst kommentiert das nicht. „An Spekulationen um meine Person beteilige ich mich grundsätzlich nicht“, sagte er auf Anfrage der WZ. Momentan plant er weiter das Training mit der Mannschaft, das in den kommenden zwei Wochen noch zweimal wöchentlich jeweils in Zehnergruppen durchgeführt werden soll, bevor es in den Urlaub geht. In dieser Woche habe man nach den Lockerungen der Corona-Auflagen auch erstmals Vier gegen Vier auf zwei Tore gespielt, inklusive Zweikämpfe. „Das hat allen viel Spaß gemacht und ist eine ganz andere Belastung, als nur zu laufen“, sagt er. Wenigstens das Training beim WSV macht derzeit also Spaß.