Mickelson umjubelt - Grand Slam als Ziel
Gullane (dpa) - Kreischende Golffans und sogar gestandene Journalisten auf der Jagd nach einem Autogramm wollten Phil Mickelson nach seinem British-Open-Triumph nicht von der altehrwürdigen Anlage in Muirfield ziehen lassen.
Umjubelt wie ein Rockstar führte ihn das Sicherheitspersonal aus der nicht enden wollenden Pressekonferenz. „Dieses Turnier zu gewinnen, war die größte Herausforderung in meiner Karriere“, sagte der amerikanische Publikumsliebling und kämpfte erneut mit seinen Emotionen, die ihn nach dem fünften Majorsieg überwältigt hatten.
Während er ausführlich erklärte, warum er 20 Jahre gebraucht hatte, um die Tricks des schottisches Golfspiels zu beherrschen, umklammerte er die begehrte Siegestrophäe „Claret Jug“. Dabei wollte ihm niemand die Rotweinkanne wegnehmen - im Gegenteil. Zwar blutete den Briten ein wenig das Herz, weil Lee Westwood wieder einmal den Sprung nach ganz oben verpasst hatte. Doch die Art und Weise, wie Mickelson den Sport lebt und im reifen Golf-Alter von 43 Jahren immer besser wird, imponiert allen. „Ich liebe die Herausforderung, den Wettkampf“, beschrieb Mickelson seinen Antrieb. Je älter, desto besser - was in anderen Sportarten undenkbar wäre, macht im Umgang mit dem kleinen weißen Ball den Unterschied aus: Erfahrung und Nervenstärke.
So machte er in der Weltrangliste einen Sprung von Platz fünf auf zwei hinter Tiger Woods und verdrängte Rory McIlroy. Der 24-jährige Nordire durchlebt nach seinem Schlägerwechsel eine heftige Krise. Das hat Mickelson alles schon hinter sich. Allein die Niederlage vor einem Monat bei den US Open, als er zum sechsten Mal Zweiter wurde, traf ihn tief. „Zu verlieren, ist ein großer Teil dieses Sports“, erklärte er, „man muss sehr viel einstecken können.“
So packte er wieder einmal seine Sachen, flog mit Ehefrau Amy und den drei Kindern zu den Scottish Open. Schon als er in der vergangenen Woche dort gewann, kündigte er an: „Ich weiß jetzt, wie man diese Plätze spielt und habe ein neues Geheimnis beim Putten.“ Diese Stärke auf den steinharten Grüns bescherte ihm am Sonntag eine Million Euro und die Hoffnung, mit einem US-Open-Sieg sogar den Grand Slam in seiner Laufbahn zu schaffen. „Das ist bisher nur fünf Spielern gelungen“, sagte der dreimalige Masters-Sieger ehrfürchtig.
Woods ist einer davon. Doch für den sechs Jahre jüngeren US-Star, in dessen Schatten Mickelson trotz seiner 43 Turniersiege jahrelang stand, scheinen die ganz großen Titel derzeit nicht wiederholbar zu sein. Miesepetrig beendete er seine 17. Open und weiß: Wenn er die US-PGA Championchip im nächsten Monat nicht gewinnt, liegt sein letzter Majorsieg sechs Jahre zurück. „Ich glaube an ihn, er kann es schaffen“, sagte Freundin Lindsey Vonn. Woods ist auf der Suche nach dem gewissen Etwas, das er einmal hatte und das nötig ist, um sein 15. Major zu gewinnen.
Mickelson hat es. Vielleicht auch, weil er im krassen Gegensatz zu Woods auf seine langjährigen Begleiter vertraut und sich als Familienmensch auch immer mal wieder zurückzieht. Die persönliche Geschichte von „Lefty“, wie der Rechtshänder mit dem Linksschwung liebevoll genannt wird, berührt viele. Vor vier Jahren erkrankte erst seine Frau an Brustkrebs, Wochen später erreichte seine Mutter die Nachricht von der selben Erkrankung. Gemeinsam schafften sie es.