Handball-Bundesliga Der ewige Hallensprecher des BHC geht nach 30 Jahren
Wuppertal/Solingen · Jens Scheffler stand schon bei den Solinger Vorgängervereinen am Mikrofon. Jetzt hört er auf.
Dass der Bergische HC heute zu den gestandenen deutschen Handball-Erstligisten zählt, hat er zweifelsohne auch seiner Kontinuität in verschiedenen Bereichen zu verdanken. Beispiel Trainer-Position: Sieht man von den Kurz-Auftritten eines Chrischa Hannawald und Kristoffer Moen ab, sind es nur vier, die von 2006 bis 2021 das Sagen hatten und haben: Norbert Gregorz, Raimo Wilde, HaDe Schmitz und Sebastian Hinze – rekordverdächtig. Tatsächlich gibt es beim BHC aber einen Job, den bislang nur eine Person ausgeübt hat, und das auch schon in den Vorgänger-Vereinen: Jens Scheffler. Der Hallensprecher sagt jetzt Tschüss.
Der Einstieg
„Wir brauchen einen, der redet und Musik macht.“ So traten Kumpels 1988 an Scheffler heran, um ihn als Hallensprecher bei Heimspielen des Solinger Turnerbundes zu gewinnen. Dort war er ohnehin Dauergast. Und der Neuling am Mikrofon machte seine Sache so gut, dass die lokale Konkurrenz hellhörig wurde. „Siggi kam zu mir, ich solle mich mal bei Jörg Föste melden“, erinnert sich Scheffler. Siggi – das war Siegfried Knapik, der als Betreuer eine weitere BHC-Ikone ist. Der heutige BHC-Geschäftsführer Föste war damals in der Aufbauarbeit des Sportrings als Basis höherklassigen Handballs. Eine Saison „betreute“ Scheffler beide Clubs, dann nur noch die Höhscheider, die später Solinger und dann Bergische wurden – insgesamt 30 Jahre lang.
Die Anfänge
Technisch ging es mit einem Kassettenrekorder los – wobei Musik nur zu Beginn und später gemacht wurde. Die Hauptaufgabe bestand darin, die Tore anzusagen. Zu den „Größten“, denen er begegnen durfte, zählt Scheffler Bob Hanning, der mit Jörg Föste 1995 die nächste Stufe von Profi-Handball in Solingen zündete. „Mit Bob hielten die Interviews rund ums Spiel Einzug“, blickt Scheffler darauf zurück – und auf eine stete technische Weiterentwicklung in Sachen CD-Player, Mischpult, Boxen.
Die Hallen
Los ging es für den Sportring mit der August-Dicke-Schule, richtig durchgestartet wurde in der Klingenhalle. Mit Gründung des Bergischen HC 06 avancierte die Sonnborner Bayer-Halle zu einer weiteren Heimstätte, später die Wuppertaler Uni-Halle. Weitere Heimspiele trug und trägt der BHC in der Kölner Lanxess Arena sowie im Düsseldorfer Dome aus. Eine volle Uni-Halle biete auch eine klasse Atmosphäre, aber die Antwort auf die Frage nach Jens Schefflers Lieblingshalle hat natürlich eine andere Antwort: „Ganz klar die Klingenhalle!“ Und er liefert einen Grund, die Haupttribüne. „Lemgos Trainer Florian Kehrmann hat mir bei einem Spiel in Wuppertal mal gesagt, dass er glücklich sei, nicht in Solingen spielen zu müssen. Wenn man vor diese Wand renne, sei das richtig unangenehm.“
Die schönste Zeit
Scheffler nennt hier die Ära Bob Hanning mit dem Bundesliga-Aufstieg der SG Solingen im Jahr 2000. Genossen hat er auch die drei Erstliga-Aufstiege mit dem BHC. „Es ist schon ein grandioser Sprung, wenn man sieht, wie sich alles mit dem Boden, den Banden oder den Fernsehübertragungen entwickelt hat.“ Mit damals und heute verbindet Scheffler auch seine Benennung der Lieblingstrainer. Sie gilt Bob Hanning, der in Solingen einiges bewegt und dem die Sportart Handball viel zu verdanken habe. Auf einer Stufe mit dem heutigen Geschäftsführer der Berliner Füchse DHB-Vizepräsidenten: Sebastian Hinze. „Hut ab vor seiner Leistung in all den Jahren.“
Die Lieblinge
Bei den Spielern fällt die Wahl auf Michael Hegemann – da war es schon ein Kuriosum, dass dieser als Co-Trainer von Tusem Essen am Abend der Verabschiedung in der Klingenhalle zugegen war. „Hege hat ja zwei Mal in Solingen gespielt, und wir treffen uns auch schon mal privat“, spricht Scheffler von einem äußerst angenehmen Verhältnis, das er aber auch auf die 2007er-Weltmeister Florian Kehrmann sowie Torsten Jansen bezieht. Die intensive Zeit mit BHC-Dauerbrenner Kristian Nippes ist eine weitere Facette des langjährigen Schaffens. Ein Spieler genießt mit seinem Tor besonderen Stellenwert: Christian Hoße, der den Bergischen HC mit dem 24:23 über GWD Minden ins Pokal-Final-Four 2016 nach Hamburg warf – auch dort war das Erlebnis mit der unglücklichen Halbfinal-Niederlage nach Verlängerung gegen Magdeburg grandios.
Der Job
Bis zu acht Stunden inklusive der heimischen Vorbereitung gehen für ein Spiel locker drauf, schließlich will man inklusive der Aussprache von Gäste-Namen gut vorbereitet sein. Nach dem Zusammenschluss mit Wuppertal erhielt er für die Touren in die Nachbarstadt kurzzeitig eine Aufwandsentschädigung – dann ging es wieder zur Ehrenamtlichkeit über. Dazu Jörg Föste: „Jens ist eine Seele von Mensch: Sportsgeist, Fairness und Zuverlässigkeit in einer Person. Man muss ihn lieben – und aufrichtig Danke sagen. Er hat eine Ära geprägt. Unverwechselbar und authentisch – eine Legende.“
Der Ausstieg
Die Erklärung klingt plausibel: „30 Jahre sind genug!“ Eigentlich wollte Scheffler schon nach der abgebrochenen Saison sein Karriereende vollziehen, folgte aber dem Einwurf von Löwen-Geschäftsführer Philipp Tychy, so könne man nicht aufhören. So machte er bis Jahresende weiter. Jens Scheffler erinnert sich an Worte des früheren BHC-Torhüters Bastian Rutschmann: „Er hat gesagt, dass es ein schönes Gefühl ist, zu gehen, wenn dir immer noch viele Leute einen höherklassigen Job zutrauen.“