Bundestrainer Jensen: Ein in Dänemark unbekannter Däne

Novi Sad (dpa) - Wenn Deutschland und Dänemark im Viertelfinale der Frauen-Handball-Weltmeisterschaft in Serbien aufeinandertreffen, werden viele Dänen einen Landsmann sehen, von dem sie so gut wie nichts wissen: Den deutschen Bundestrainer Bundestrainer Heine Jensen.

Selbst Dänen-Coach Jan Pytlick rätselt. „Ich kenne ihn nicht persönlich, aber er liefert eine tolle Arbeit ab, hat die Deutschen wieder in die Weltspitze geführt“, sagt der zweifache Olympiasieger Pytlick über den seit 2011 als Bundestrainer tätigen Jensen.

Der Grund, warum niemand in seiner Heimat den 36-Jährigen kennt: Er verließ Dänemark schon in jungen Jahren, wurde erst Spieler und dann Trainer in Norwegen, ehe er 2007 vom HC Leipzig entdeckt wurde. Der suchte einen Trainer für sein Farmteam Union Halle-Neustadt - und auf Vorschlag des damaligen HCL-Trainers Morten Arvidsson wurde Jensen verpflichtet. Als Arvidsson 2008 zurück nach Dänemark ging, übernahm Jensen den deutschen Frauen-Rekordmeister. Im Frühjahr 2011 wurde ein neuer Bundestrainer gesucht - man fand ihn im Dänen. Nun will er die deutschen Handballerinnen in ihr erstes Halbfinale einer Weltmeisterschaft seit 2007 führen - ausgerechnet mit einem Sieg über seine Landsleute.

„Wir kennen natürlich seinen Namen in Dänemark, aber da Heine Jensen nie eine dänische Mannschaft trainiert hat, ist er eigentlich ein Unbekannter“, sagt auch Ulrik Wilbek, Trainer der Männer-Nationalmannschaft und in Personalunion Sportdirektor des dänischen Verbands. Bisher traf Jensen mit der Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) nur in einem Testspiel auf seine Landsleute, im November 2011 gab es im dänischen Horsens ein 22:22. Nun wartet mit dem WM-Viertelfinale nicht nur die bislang größte Herausforderung auf Jensen, sondern auch der erste Vergleich mit dem dreifachen Olympiasieger in einem großen Turnier.

Und das gefällt den Dänen irgendwie gar nicht. „Alle im Ausland tätigen dänischen Trainer kennen alle dänischen Spielerinnen, das macht es ihnen sehr einfach, ihre Mannschaften optimal auf uns einzustellen. Sie kennen unsere Taktik, sie wissen alles“, sagt Pytlick. Und der hat in Serbien schon schlechte Erfahrung mit einem dänischen Trainer gehabt. Vielleicht ist die 18:23-Vorrunden-Niederlage der Dänen gegen Brasilien ein gutes Omen für Jensen. Denn auch der Panamerikameister setzt auf die dänische Handballschule, wird von Morten Soubak trainiert. „Ich habe Morten im Spaß gesagt, dass er nun Einreiseverbot in Dänemark hat“, meint Pytlick.

Und Soubak schrieb am Montagabend WM-Geschichte. Durch den 29:23-Achtelfinalsieg der Brasilianerinnen gegen die Niederlande gibt es erstmals in der Handballgeschichte die Konstellation, dass vier Trainer aus einem Land im Viertelfinale stehen: Neben Jensen, Pytlick und Soubak schaffte dies auch Kim Rasmussen mit der polnischen Mannschaft.