Bundestrainer Sigurdsson: „Glaube, das kann ich gut“
Leipzig (dpa) - Nach dem Ende eines Interview-Marathons führte Dagur Sigurdsson ein Kunststück vor und jonglierte einen Handball auf dem Finger. Erst zum Abschluss seiner offiziellen Vorstellung war bei dem neuen Bundestrainer die Anspannung der gewohnten Lockerheit gewichen.
Mit jedem seiner Worte versprühte der 41-jährige Isländer in Leipzig Lust auf seinen neuen Job. „Man muss diesen Kick spüren. Die Herausforderung war so groß, dass ich diese Aufgabe machen will“, sagte Sigurdsson.
Am 1. September tritt der zwölfte Bundestrainer seit 1945 sein Amt an. Mit dem Deutschen Handballbund (DHB) hat Sigurdsson einen Vertrag bis 2017 mit Option auf Verlängerung bis 2020 unterschrieben. Bis zum 30. Juni kommenden Jahres bleibt er auch noch Coach des DHB-Pokalsiegers Füchse Berlin und wird für ein Jahr Vereins- und Nationaltrainer in Doppelfunktion sein.
Alle Bedenken über diese enorme Belastung wischte er mit Witz vom Tisch. „Wenn meine Frau nicht jammert, sollte keiner jammern“, sagte er verschmitzt. Doch ihm sind der Umfang und die Intensität beider Trainer-Aufgaben bekannt. Schließlich hatte er bereits von 2009 bis 2010 die Füchse und die Nationalmannschaft Österreichs gleichzeitig betreut.
„Man hat viel zu viel Handball im Kopf, um ein normales Leben zu führen. Du bist an der Grenze zum Wahnsinnig sein. Ich bin mehr als bereit, das zu machen, und meine Familie auch. Ich mache mir da keine Sorgen, weil ich weiß, dass es eine begrenzte Zeit ist“, sagte der Isländer und ergänzte: „Ich stelle mich sofort volle Pulle auf beide Mannschaften ein.“
Dabei hat er ganz klare Vorstellungen, wie die Nationalmannschaft künftig funktionieren soll. Zuerst will er sich Führungsspieler suchen, dann das Team mit Talenten unter anderen aus dem Kreis der Junioren-Europameister komplettieren. „Ich werde versuchen, das Beste herauszuholen, und dann sind wir mehr als konkurrenzfähig“, sagte Sigurdsson.
Dabei wird er auf seinen Vorgänger Martin Heuberger verzichten und sich einen anderen Co-Trainer suchen. „Ich finde die Idee mit Martin Heuberger sehr gut, und wir verstehen uns auch sehr gut. Aber ich kann sagen, dass ich frischen Wind haben will und neue Wege gehen will“, stellte er klar. Der DHB hatte nach dem sportlichen Scheitern in der Qualifikation zur WM 2015 in Katar den Vertrag mit Heuberger nicht verlängert.
Bei der Suche nach einem Co-Trainer will sich Sigurdsson Zeit lassen. „Es kann sein, dass ich den ersten Lehrgang ohne Co-Trainer mache. Hauptsache, ich hole den richtigen“, sagte er. Der erste Lehrgang mit der Nationalmannschaft beginnt am 15. September und wird mit zwei Testspielen gegen die Schweiz am 20. September in Göppingen und einen Tag darauf in Neu-Ulm beendet. 15 bis 20 Tage davor will Sigurdsson sein Aufgebot benennen.
Als Hauptproblem hat Sigurdsson ausgemacht, dass die deutsche Nationalmannschaft zu wenig Spiele gewonnen hat - nach seiner Analyse nur 50 Prozent in den vergangenen drei, vier Jahren. „Wir müssen dahin kommen, dass wir mehr Spiele gewinnen“, sagte der Isländer. Und sein Erfolgsrezept klingt ebenso logisch wie simpel: „Letztlich geht es um 16 Spieler und darum, sie zu motivieren und ein Spielsystem zu entwickeln. Ich glaube, das kann ich gut“, befand er selbstbewusst.