Das Wunder von Köln: Flensburger genießen Euro-Coup

Köln (dpa) - Nach der zweiten Magnum-Flasche Champagner waren die Stimmbänder richtig geschmeidig. Als der DJ eines noblen Kölner Clubs irgendwann zwischen zwei und drei Uhr nachts den Titel „Wonderwall“ von der Band Oasis auflegte, sangen die Spieler der SG Flensburg-Handewitt lauthals mit.

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Nach ihrem „Wunder von Köln“ mit dem sensationellen Gewinn der Champions League dachten in diesem Moment weder die Handballer noch ihr Trainer Ljubomir Vranjes an die frühe Abfahrt zum Flughafen um 8.15 Uhr.

„Ich möchte mit meinen Jungs feiern. Wir feiern ganz gut, und wir dürfen zweimal feiern“, sagte der Schwede mit Blick auf die Party auf dem Flensburger Südermarkt am Montagnachmittag und gönnte sich noch ein Glas Champagner. Tausende Fans hatten sich in der Flensburger Innenstadt versammelt, um den größten Vereinstriumph mit der Mannschaft zu feiern. Mehrere Stunden harrten sie aus, bis das Team eintraf. Unter dem Jubel der Zuschauer bahnte sich der Bus den Weg durch die Menge.

Viele Fans hatten T-Shirts mit dem Aufdruck „FLENSATIONELL“ eines Flensburger Sportgeschäfts an. Die ersten 500 Exemplare waren innerhalb einer halben Stunde verkauft. Auch einige Spieler trugen die Leibchen. Am Abend durfte sich die Mannschaft ins Goldene Buch der Stadt Flensburg eintragen. Auch Ministerpräsident und THW-Kiel-Fan Torsten Albig war nach Flensburg geilt, um zu gratulieren. „Der Ministerpräsident ist stolz auf die Weltklasse-Handballer aus Flensburg“, sagte er und befand auch mit Blick auf den unterlegenen THW: „Das Herz des Handballs schlägt im Norden.“

Mit dem Germanwings-Flug 036 reiste der Tross der Champions-League-Sieger und des THW Kiel aus Köln ab und war bereits um 11.10 Uhr in Hamburg. Mit im Gepäck war die Trophäe in Form eines werfenden Armes mit einem Goldball in der Hand. Während der nächtlichen Sause nach dem 30:28-Finalerfolg am Sonntag gegen den THW Kiel wurde die vielgeküsste Metallskulptur zur Sicherheit im Hotel gelassen.

„Es ist ein schöneres Gefühl, wenn man selbst den Pokal ins Flugzeug trägt und nicht der Gegner“, meinte Flensburgs Geschäftsführer Dierk Schmäschke. Denn wie auf der Hinreise waren auch beim Rückflug die Kieler mit an Bord. Deren Euphorie nach dem Gewinn des deutschen Meistertitels eine Woche zuvor hatte Erschöpfung Platz gemacht. „Ich versuche, mir ein Lächeln abzuringen. Denn diese unglaublich intensive Saison ist endlich vorbei“, sagte Rückraumspieler Filip Jicha.

Für Aron Palmarsson war es nur ein kleiner Trost, dass er als wertvollster Spieler des Endrunden-Turniers Final4 ausgezeichnet wurde. „Das ist ein toller Preis und mit etwas Abstand kann darauf auch stolz sein. Aber im Moment bin ich mehr enttäuscht darüber, dass wir verloren haben, als dass ich mich darüber freuen könnte“, gestand der Isländer.

Die Flensburger hingegen schalteten bei ihrer Ankunft wieder in den Partymodus. „Erstmal muss man den Titel genießen. So ein Titel steht der SG gut zu Gesicht“, sagte Schmäschke. „Wir spielen im 20. Jahr - das ist Jubiläum - ununterbrochen im Europapokal. Und wenn man in 20 Jahren den EHF-Cup und den Pokalsiegercup geholt hat, ist man auch mal dran, den größten Pokal zu holen.“

Im Moment des Triumphes dachte Trainer Ljubomir Vranjes auch an das verlorene Champions-League-Finale 2007 gegen Kiel. „Das war scheiße. Ganz ehrlich, ich habe oft daran gedacht. Auch heute und vor diesem Wochenende. Natürlich teile ich den Titel auch ein bisschen mit denen, die damals mit verloren haben. Ich bin jetzt etwas ruhiger in meinem Kopf“, sagte Vranjes, der vor sieben Jahren als Spieler auf dem Parkett stand.

Der Schwede mit dem Gespür für erfolgreichen Handball steht nun vor der Herausforderung, mit neuen Spielern den Weggang der Säulen Steffen Weinhold zum THW Kiel sowie Sören Rasmussen und Michael Knudsen, die zum BSV Bjerringbro-Silkeborg wechseln, zu kompensieren. Johan Jakobsson (Aalborg Handbold), Anders Zachariassen (Sönderjysk Elitesport), Kevin Möller (GOG Håndbold)und Kasper Kisum (TMS Ringsted) stehen als Neuzugänge fest. „Wir werden eine junge Mannschaft haben“, sagte Vranjes. Ob er selbst seinen Vertrag bis 2017 an der Förde erfüllt, ließ Vranjes offen. Angeblich wirbt der mit Millionen aus Katar finanzierte Top-Club Paris St. Germain um seine Dienste. „Darüber möchte ich jetzt nicht reden“, erklärte er.