Aus für Weinhold Dezimiertes DHB-Team setzt bei WM auf Sigurdsson-Plan
Berlin (dpa) - Die arg dezimierten „Bad Boys“ setzen bei der Handball-WM in Frankreich auf einen erfolgreichen Masterplan von Bundestrainer Dagur Sigurdsson.
Bei seiner Abschiedsvorstellung muss der Erfolgscoach nun auch noch auf Steffen Weinhold verzichten, der wegen eines Syndesmosebandrisses drei Monate ausfällt. „Eine bittere Sache für uns. Dazu kommen die Ausfälle, von denen wir gewusst haben“, klagte Sigurdsson bei der Bekanntgabe seines erweiterten WM-Kaders in Berlin.
Neben dem rechten Rückraumspieler vom THW Kiel fehlen der DHB-Auswahl bei der Endrunde vom 11. bis 29. Januar auch die Europameister Christian Dissinger, Hendrik Pekeler, Fabian Wiede und Martin Strobel. „Das wird sicher eine sehr, sehr schwierige WM. Aber vielleicht kann man sich mit der ein oder anderen cleveren Variante des Coaches in das Turnier spielen“, sagte DHB-Vize Bob Hanning.
Sigurdsson baut bei der WM notgedrungen wieder auf die Jugend. Für Weinhold, der sich die schwere Verletzung am Sonntag im Bundesligaspiel des deutschen Rekordmeisters gegen den SC Magdeburg zugezogen hatte, rückt Debütant Nicolai Theilinger vom Aufsteiger HC Erlangen in den zunächst 28-köpfigen Kader.
Noch vor Weihnachten wird der Coach sein Team mit Blick auf die WM-Vorbereitung, die am 28. Dezember mit einem Kurz-Lehrgang in Kamen-Kaiserau beginnt, auf 18 Spieler reduzieren. Am Abend vor dem ersten WM-Spiel gegen Ungarn (13. Januar) muss Sigurdsson sich dann auf maximal 16 Spieler festlegen. „Wir haben schon öfter mit Verletzungen leben müssen. Wir wissen, dass der Kader breit und stark ist. Wichtig ist eine gute Vorbereitung“, sagte der 43-Jährige.
Der Erfolgstrainer, der sein Amt nach der WM auf eigenen Wunsch abgibt, muss vor allem den Rückraum umbauen. Nach seiner Premiere beim Lehrgang Ende Oktober steht Philipp Weber von der HSG Wetzlar im vorläufigen Kader, außerdem nominierte Sigurdsson auch Jens Schöngarth (FA Göppingen) und überraschend Weltmeister Holger Glandorf von der SG Flensburg-Handewitt. „Er steht als Notnagel wie Pekeler im erweiterten Kader. Aber beide werden nicht im 18er-Kader sein“, sagte Sigurdsson. Pekeler verzichtet wie Dissinger wegen zu hoher Belastungen freiwillig auf die WM.
Mit kurzfristigen Ausfällen vor wichtigen Turnieren kennt Sigurdsson sich aus. Schon vor der Europameisterschaft Anfang des Jahres waren zahlreiche Schlüsselspieler ausgefallen. Anschließend führte er das jüngste Turnier-Team sensationell zum Titel. Mit einem ähnlichen Coup rechnet Hanning in Frankreich nicht: „Ich glaube, das Turnier steht diesmal unter besonders schwierigen Voraussetzungen.“
Die größte Waffe der deutschen Mannschaft dürften neben den Torhütern die Außenpositionen sein. Mit Kapitän Uwe Gensheimer (Paris St. Germain) und Rune Dahmke (THW Kiel) auf links sowie Europameister Tobias Reichmann (KS Kielce) und Patrick Groetzki (Rhein-Neckar Löwen) auf rechts sind beide Seiten doppelt stark besetzt.
Die WM wird das vierte und letzte Turnier für Sigurdsson mit der deutschen Nationalmannschaft. Danach wird der Isländer Nationaltrainer Japans. „Ich habe immer versucht, diese Sache nicht so dramatisch und einfach trocken die nächste Aufgabe zu machen. Und so bleibt es auch“, sagte Sigurdsson. Neben Ungarn trifft die DHB-Auswahl in der Gruppe C auf Kroatien, Weißrussland, Chile und Saudi-Arabien. Die jeweils vier besten Teams aus den vier Sechsergruppen qualifizieren sich für das Achtelfinale.
Der erweiterte Kader der deutschen Handballer für die WM 2017:
Tor: Carsten Lichtlein (VfL Gummersbach), Andreas Wolff (THW Kiel), Silvio Heinevetter (Füchse Berlin), Dario Quenstedt (SC Magdeburg)
Kreis: Patrick Wiencek (THW Kiel), Hendrik Pekeler (Rhein-Neckar Löwen), Jannik Kohlbacher (HSG Wetzlar), Erik Schmidt (TSV Hannover-Burgdorf), Evgeni Pevnov (VfL Gummersbach)
Rückraum rechts: Kai Häfner (TSV Hannover-Burgdorf), Jens Schöngarth (Frisch Auf Göppingen), Nicolai Theilinger (HC Erlangen), Holger Glandorf (SG Flensburg-Handewitt)
Rückraum Mitte: Simon Ernst (VfL Gummersbach), Niclas Pieczkowski (SC DHfK Leipzig), Fabian Böhm (TSV Hannover-Burgdorf), Philipp Weber (HSG Wetzlar)
Rückraum links: Julius Kühn (VfL Gummersbach), Paul Drux (Füchse Berlin), Finn Lemke (SC Magdeburg), Steffen Fäth (Füchse Berlin), Daniel Fontaine (Frisch Auf Göppingen)
Rechtsaußen: Tobias Reichmann (KS Vive Kielce/Polen), Patrick Groetzki (Rhein-Neckar Löwen), Johannes Sellin (MT Melsungen)
Linksaußen: Rune Dahmke (THW Kiel), Uwe Gensheimer (Paris St. Germain HB/Frankreich), Matthias Musche (SC Magdeburg)