DHB-Team abgereist - Brand: Kein Niedergang

Belgrad (dpa) - Am Ende wollten die Spieler nur noch weg. Auf dem übersichtlichen Belgrader Flughafen „Nikola Tesla“ verschwanden Kapitän Pascal Hens und die Mehrzahl seiner Kollegen auf kürzestem Wege in den gesperrten Bereich hinter den Sicherheitskontrollen.

Unterdessen versuchte der immer noch sichtlich mitgenommene Bundestrainer Martin Heuberger das Olympia-Aus und den Hauptrunden-K.o. seiner Handballer bei der EM in Serbien zu verkraften. „Ich muss jetzt erstmal in aller Ruhe das Turnier verarbeiten“, sagte der Schutterwälder.

Passend zur Stimmung im deutschen Handball-Lager trat Heuberger die Heimreise in schwarzem Hemd und schwarzem Sakko an. Trotz des bitteren Ausscheidens ist er aber unumstritten.

Während Heuberger in seinem EM-Fazit den Kampfgeist, den Einsatzwillen und eine positive Entwicklung seines Teams lobte, saß Michael Haaß in einer anderen Ecke des Flughafens. Sein rechter Fuß war dick eingegipst, neben sich hatte der Göppinger zwei Krücken liegen und berichtete von einer nicht berauschenden Nacht. Bei der bitteren 32:33-Niederlage am Vortag gegen Polen hatte sich der Spielmacher einen Bruch des Fußgelenkes zugezogen. Haaß stehen eine Operation und eine mindestens viermonatige Pause bevor.

Er wird somit bei den Qualifikations-Playoffs im Juni für die WM 2013 fehlen, auf die die Verbandsführung nun schaut. „Das ist ganz, ganz wichtig, damit wir Spanien 2013 nicht verpassen“, sagte Horst Bredemeier. Der Vizepräsident des Deutschen Handballbundes (DHB) stärkte auch dem geknickten Bundestrainer den Rücken. „Für mich hat er weiter das Vertrauen. Heuberger hat einen guten Job gemacht. Er hat einiges riskiert, hat neue Leute eingebaut, hat gut gewechselt. Aber unterm Strich stimmt das Ergebnis nicht“, urteilte er.

Thomas Bach, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), forderte indes den DHB auf, „in Kooperation mit der Liga zu überlegen, wie man den Neuaufbau startet. Die Liga muss sehen, welche Bedeutung der Erfolg der Nationalmannschaft auch für den Erfolg der Liga hat“, sagte der DOSB-Chef.

Die DHB-Verantwortlichen gaben sich erstaunlich gelassen. Nach Platz zehn bei der EM 2010, Rang elf bei der WM 2011 und nun durch das verpasste Halbfinale mit Platz sieben endete zum dritten Mal hintereinander ein Turnier enttäuschend. Und noch schlimmer: Dadurch finden im Sommer in London erstmals Olympische Spiele ohne deutsche Handballer statt. „Es ist nicht der Niedergang des deutschen Handballs. Andere Sportarten müssen mit sowas auch leben“, erklärte DHB-Sportmanager Heiner Brand.

Er attestierte der deutschen Mannschaft: „Wir sind nicht weg von der Weltspitze.“ 15 Mannschaften hätten auf ähnlichem Level gespielt, da würden Kleinigkeiten über Sieg, Niederlage, Weiterkommen Ausscheiden entscheiden. „Insofern besteht kein Grund, den Kopf hängenzulassen, obwohl die Enttäuschung jetzt im ersten Moment da ist“, sagte der vorherige Bundestrainer. Nach Aussage von Bredemeier haben das Olympia-Aus und der EM-K.o. keine wirtschaftlichen Folgen für den Verband, weil der Vertrag mit Vermarkter Sportfive noch zwei Jahre läuft.

Ob es hingegen personelle Konsequenzen in der Nationalmannschaft geben wird, ist noch offen. Einen Neuanfang oder Umbruch wird es jedoch nicht geben. „Ich werde keinen aus der Mannschaft verbannen. Die Jungs sind eine verschworene Einheit. Warum sollte ich die sprengen?“, fragte der Bundestrainer, kündigte aber an, immer wieder junge Spieler testen zu wollen. Darin findet er Rückhalt bei seinem Vorgänger Heiner Brand. „Der Begriff Umbruch wird gern in den Raum geschmissen. Da muss man verschiedene Dinge berücksichtigen. Zum einen müssen die Leute da sein, die die entsprechenden Perspektiven haben. Zum anderen muss man aber auch sehen, dass wir jedes Jahr unter dem Druck stehen, bei einem großen Turnier dabei zu sein.“

Wie bei den Fußballern nach dem Tiefpunkt bei der EM 2000 will der DHB nun gemeinsam mit der Bundesliga Spieler mit Spitzenpotenzial ausbilden. „Bei den Fußballern hat die Liga Spieler geliefert. Das passiert sicher im Handball in den nächsten zwölf Monaten nicht, dass da geliefert wird“, sagte Bredemeier. Das Projekt Eliteförderung sei ein langfristiges. „Da brauchen wir ein bisschen Geduld und langen Atem“, meinte er.

Verantwortlich dafür im Verband ist Heiner Brand, der in den vergangenen Jahren immer wieder mehr Einsatzzeiten für junge Spieler in der Liga gefordert hatte. „Ich glaube, dass mittlerweile die Bundesliga dabei ist, die Bedeutung der Nationalmannschaft richtig einzuschätzen, dass die Möglichkeiten zur Kooperation da sind und dass in Zukunft einige Dinge besser laufen werden als in der Vergangenheit. Dann werden wir sicherlich in absehbarer Zeit auch mehr junge Spieler in der Liga erleben. Und nur Spieler, die sich in der Liga präsentieren, können auch Nationalspieler werden“, sagte er.