Gericht spricht Schwenker und Serdarusic frei
Kiel (dpa) - Uwe Schwenker und Zvonimir Serdarusic bleiben auf freiem Fuß und ohne Geldstrafen, aber ihr Ruf und ihre Integrität haben Schaden genommen.
„Die Kammer ist nicht von der Schuld der Angeklagten überzeugt, allerdings ist sie auch nicht von der Unschuld überzeugt“, sagte der vorsitzende Richter Matthias Wardeck und befeuerte damit die Interpretation vom Freispruch zweiter Klasse.
Fakt ist: Die beiden früheren Macher des Handball-Rekordmeisters THW Kiel sind nach 19 Prozesstagen vom Vorwurf der Bestechung im geschäftlichen Verkehr, des Betrugs und der Untreue im Umgang mit Vereinsvermögen freigesprochen worden. Die 5. Große Strafkammer des Kieler Landgerichts überraschte mit ihrem Urteil kaum jemanden. Dennoch gab es ein riesiges Medienaufkommen mit sieben Kamerateams des öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehens.
Die Staatsanwaltschaft wollte nachweisen, dass das einstige THW-Duo das siegreiche Champions-League-Finalrückspiel 2007 gegen den Nordrivalen SG Flensburg-Handewitt durch Schiedsrichterbestechung gekauft habe. Erstmals in der Geschichte der deutschen Justiz sollte ein vermeintlicher Sportbetrug mit Hilfe des Wirtschaftsstrafrechts bewiesen werden. Das misslang. Mehr als vier Monate lang hatte das Gericht versucht, Licht in das Dickicht aus „Indizien, Lügen, Gerüchten, Halbwahrheiten, persönlichen Animositäten und wirtschaftlichen Interessen“ zu bringen, wie Wardeck formulierte. „Dieses Konglomerat hat den Blick auf die tatsächlichen Fakten verstellt.“
17 Zeugen sagten aus, darunter Rechtsanwälte, EHF-Funktionäre, Beamte, Verantwortungsträger von anderen Bundesligisten und Schiedsrichter. Einer widersprach dem anderen. Fand der Staatsanwalt den einen Zeugen glaubwürdig, wurde er von der Verteidigung als windig eingestuft. „Es war ein reiner Indizienprozess“, sagte Wardeck.
Reichlich Kritik richtete er an den Europäischen Handball-Verband (EHF), der „mit einer Art Salamitaktik gearbeitet“ und Informationen „nur kleckerweise auf Nachfragen“ gegeben habe. „Da scheint man kein riesengroßes Interesse gehabt zu haben, an der Aufklärung teilzunehmen“, meinte Wardeck, der auch Staatsanwalt Axel Goos attackierte. Ihm warf die Kammer „am Ende des Verfahrens fehlende Objektivität“ und Ermittlungsfehler vor. Die Staatsanwaltschaft selbst sprach von einem „gut begründeten Urteil“ und will erst nach Sichtung der Niederschrift überlegen, ob sie Revision einlegen wird.
Die Kardinalfrage, warum der für den THW Kiel in Diensten stehende Kroate Nenad Volarevic unmittelbar vor dem Finalrückspiel 56 400 Euro von den Kielern erhielt, davon 45 000 abhob und nach Warschau geflogen ist, wo Endspiel-Schiedsrichter Miroslaw Baum wohnte, ist weiterhin ungeklärt. Volarevic sei seit zehn Jahren Scout beim THW gewesen und habe für zahlreiche Tipps 92 000 Euro bekommen, sagte die Verteidigung. Daran hat das Gericht Zweifel, aber für eine möglich Geldübergabe in Warschau gibt es keinerlei Beweis.
Warum Schwenker im Jahr 2003 ein Fax mit Kontaktdaten von Schiedsrichtern für bevorstehende Champions-League-Viertelfinalspiele des THW an Volarevic formulieren ließ, blieb im Dunkeln. Vermuten lässt sich einiges, beweisen nichts. Es bleibt bei Interpretationen und Verdächtigungen. Überzeugt hat das Gericht, dass das Champions-League-Finalspiel nach glaubwürdigem Expertenurteil unter „sportlich korrekten Bedingungen“ stattgefunden habe und „nicht manipuliert worden“ sei. Den Referees wurde ein „überdurchschnittlich gutes Zeugnis“ ausgestellt.
So gilt letztlich die Unschuldsvermutung. Die Anklage hatte 18- bzw. 17-monatige Bewährungsstrafen sowie Geldauflagen in Höhe von 25 000 bzw. 15 000 Euro für Schwenker und Serdarusic gefordert. Die berufliche Zukunft von Schwenker und Seradrusics ist offen.
Die derzeit Verantwortlichen des THW Kiel nahmen das Urteil „mit Freude und Erleichterung“ zur Kenntnis. „Für die Spieler, die Verantwortlichen, Sponsoren, Fans und alle Handballfreunde ist damit der sportliche Teil der sogenannten Manipulationsaffäre abgeschlossen“, teilte der deutsche Rekordmeister am Abend in einer Presseerklärung mit. „Es wurde festgestellt, dass der Gewinn des Champions-League-Finales gegen Flensburg allein sportlich erreicht wurde und gegen den THW Kiel keinerlei Ansprüche bestehen.“