EM-Wünsche der Spanier: Kantersieg, Trikottausch, Titel
Breslau (dpa) - Am Ende soll es der Titel sein, doch schon zum Auftakt der Europameisterschaft wollen Spaniens Handballer mehr als einen normalen Sieg.
Wenn es am Samstag in der Vorrundengruppe C gegen Deutschland geht, wird nach der Prognose von Rückraumspieler Joan Cañellas eine Lehrstunde stattfinden. „Er hat gesagt, sie gewinnen mit zehn Toren Unterschied“, berichtete der deutsche Nationalspieler Christain Dissinger über Vor-EM-Gespräche mit seinem Teamkollegen beim THW Kiel.
„Er ist da sehr selbstbewusst mit der Nationalmannschaft“, meinte der deutsche Kapitän Steffen Weinhold, der ebenfalls mit Cañellas in Kiel spielt. Keine Frage: Die Spanier sehen sich drei Jahren nach dem Gewinn des Titels bei ihrer Heim-WM als einen Mitanwärter auf EM-Gold. „Die Vorrunde mit Deutschland, Schweden und Slowenien ist hart. Aber wir fahren nach Polen, um den Titel zu gewinnen. Wir waren noch nie Europameister, das wollen wir ändern“, erklärte Abwehrspezialist Gedeón Guardiola forsch.
Doch der 31-Jährige vom Bundesliga-Spitzenreiter Rhein-Neckar Löwen weiß auch um die Gefahren des Turniers. „Eine EM ist sehr anstrengend und schwieriger zu gewinnen als eine WM. Es gibt kein einziges leichtes Spiel“, meinte Guardiola.
Und in sein Urteil bezieht er ausdrücklich die deutsche Mannschaft mit ein. Denn er hat den 29. April 2015 nicht vergessen, als die Iberer in der EM-Qualifikation in Mannheim mit 28:29 den Kürzeren zogen. „In Mannheim wurden wir überrascht, vor allem von Niclas Pieczkowski. Den hatten wir überhaupt nicht auf dem Zettel“, erinnerte sich der Abwehrchef der Löwen. Bester Torschütze damals: Pieczkowski mit fünf Treffern. So sind die Spanier diesmal auf der Hut. Guardiola: „Wir sind gewarnt und wissen, dass die Deutschen eine starke und junge Mannschaft haben. Sie agieren kraftvoll und mutig.“
Der Defensivspezialist gehört zu den Leistungsträgern in der Nationalmannschaft und bei den Löwen, die mit Rafael Baena noch einen zweiten spanischen Auswahlspieler stellen. Erst im vergangenen Sommer war der 32-Jährige zum Bundesliga-Tabellenführer gekommen. „Rafa ist ein guter Kreisläufer, ein typisch spanischer Kreisläufer“, adelt Guardiola seinen 128 Kilo schweren Landsmann, der in seiner Spielweise dem am Kreis gesetzten Julen Aguinagalde (113 Kilo) ähnelt: „Er setzt seinen Körper gut ein, kämpft stark gegen die Deckung. Das ist sehr schwierig für einen Abwehrspieler.“
Drei Bundesliga-Profis sind im Kader des Weltmeisters von 2013. Ohnehin sind viele spanische Spieler im Ausland aktiv - wenn sie nicht gerade beim Champions-League-Gewinner FC Barcelona unter Vertrag stehen. „Die Wirtschaftskrise hat die Vereine in finanzielle Schwierigkeiten gebracht. Das hat dazu geführt, dass jetzt viele Spanier im Ausland spielen“, sagt Baena.
Weltklasse-Torwart Arpad Sterbik steht in Mazedonien bei Vardar Skopje zwischen den Pfosten, Aguinagalde spielt beim polnischen Spitzenclub KS Vive Kielce. Auch bei den ungarischen Spitzenvereinen Pick Szeged und MVM Veszprém sind Spanier aktiv.
Die Iberer starten mit einem routinierten und mit Stars gespickten Team in die EM, die Defensive um Guardiola soll wie schon beim WM-Titel 2013 die Basis bilden. „Gedeón gehört zu den besten Abwehrspielern der Welt, ich kann von ihm lernen“, sagt sein Clubkollege und deutsche Nationalspieler Hendrik Pekeler.
Einen Sieg wollen die Deutschen ihrem abwehrstarken Kontrahent nicht gönnen, und auch Cañellas zweiter Wunsch wird wohl nicht in Erfüllung gehen. „Er hat gesagt, dass er nach dem Spiel das Trikot tauschen möchte“, erzählte Weinhold. Aber dafür reichen die Vorräte nicht.