Handball HSG Krefeld: Die Geschichte eines Zwangsabsteigers

Krefeld · Der Sprung in die Zweitklassigkeit des deutschen Profi-Handballs sollte nach dem Geschmack der Handballer aus Krefeld eigentlich von längerer Dauer sein. Doch es kam anders als geplant.

Rund um Topscorer Kevin-Christopher Brüren hat die HSG ein neues Team aufgestellt.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Nicht einmal 15 Monate sind seit dem überraschenden Aufstieg der HSG Krefeld in die 2. Handball Bundesliga vergangen. Der Sprung in die Zweitklassigkeit des deutschen Profi-Handballs sollte nach dem Geschmack der Handballer aus Krefeld eigentlich von längerer Dauer sein. Doch es kam anders als geplant. Nach einer sportlich desaströsen Saison, die gepflastert war von Pleiten, Pech und Pannen, musste der Newcomer als einziger deutscher Klub im Handball-Profibereich  überhaupt, den Abstieg in die 3. Liga hinnehmen. Vorausgegangen war eine klassisches Fehleinschätzung.

Denn in der wegen Corona frühzeitig abgebrochenen Zweitligasaison hatten die Klub-Verantwortlichen, nach nur einem Sieg und 33 Niederlagen, für das aussichtslose Tabellenschlusslicht schlichtweg keine Zweitliga-Lizenz beantragt und den festgelegten Meldetermin einfach verstreichen lassen. Das es kurz darauf wegen der Corona-Pandemie, nach Meinung der Handball Bundesliga gar keine sportlichen Absteiger geben sollte, spielte dabei keine Rolle mehr. Dies stellte das Schiedsgericht der Handball-Bundesliga vor erst wenigen Wochen fest, als die die Verantwortlichen um Geschäftsführer André Schicks auf dem Klageweg versuchten, doch noch in der 2. Liga zu verbleiben, dann aber am Schiedsspruch scheiterten.

Stefan Nippes verantwortet
das Projekt „Wiederaufstieg“

Nach einer Saison ist das Abenteuer 2. Bundesliga für die HSG wieder vorbei. In Liga drei soll jetzt möglichst der sofortige Wiederaufstieg gelingen. Verantwortlich für das Projekt ist der sportlicher Leiter und gebürtige Solinger Stefan Nippes. Der ältere Bruder von Ex-Bundesligaakteur Kristian Nippes, der nach elf Jahren beim Bergischen HC seine Karriere beendete, sagt: „Wir haben aus der misslichen Saison unsere Lehren gezogen und sind ein wenig demütig geworden.“

Dabei hatte das Unheil in Krefeld schon weit vor dem Corona-Ausbruch seinen Lauf genommen. Gleich nach dem Aufstieg musste ein neuer Trainer her. Denn Aufstiegstrainer Ronny Rogawska hatte nach einem Gerangel um neue Vertragsbedingungen seinen Kontrakt gekündigt. Sein Nachfolger, der weitgehend unbekannte Isländer Arnar Gunnarsson, packte im Winter seine Sachen wegen andauernder Erfolgslosigkeit. Beerbt wurde Gunnarsson wiederum von Co-Trainer Felix Linden Der 31-Jährige steht nun in der 3. Liga vor einem Neuaufbau. Bis auf Torjäger Kevin Christopher Brüren und Rechtsaußen Mike Schulz krempelte Nippes das Team völlig um: „Wir haben eine gute Mischung aus erfahrenen Zweitligaakteuren und allein sieben U-23 Spielern, die wir jetzt schrittweise an die 2. Liga heranführen wollen.“

Zudem orientiert sich der Klub nun weiter rheinabwärts, erweiterte seinen Namen zur HSG Krefeld Niederrhein, will nun ganz nach dem Vorbild des Bergischen HC, neue Fans und Sponsoren finden. Vier Heimspiele werden daher gleich in der Moerser Enni-Arena ausgetragen. An der Neuorientierung maßgeblich beteiligt ist Simon Krivec, Apothekersohn aus Moers und Spross des ehemaligen Deutschen Spitzen-Dreispringers und Sportmäzens Günter Krivec.

Einen Namen in der Deutschen Sportszene machte sich Simon Krivec vor drei Jahren als Dopingexperte. Seine Doktorarbeit über die Anwendung von anabolen-androgenen Steroiden bei Deutschen Leichtathleten löste damals eine heftige Debatte zum Umgang mit Doping hierzulande aus. Heute ist der ehemalige Volleyballspieler mit nur 33 Jahren der neue Vorsitzende der HSG und bildet mit dem Krefelder Unternehmer Thomas Wirtz gemeinsam das verantwortliche Gesellschafterduo. Nippes ist optimistisch, dass die HSG Krefeld im siebten Jahr nach der Vereinsgründung zur „Qualitätsmarke im Handball“ werden kann.