HSV bescheiden: Eine Nummer kleiner auf Erfolgssuche
Hamburg (dpa) - Fünf Monate ist es her, da stand der frühere Champions-League-Gewinner HSV Hamburg vor dem Sturz in die Bedeutungslosigkeit. In zwei Instanzen war dem Handball-Bundesligisten die Lizenz für die neue Saison verweigert worden.
Erst das Schiedsgericht der Handball-Bundesliga (HBL) hob das Urteil auf, weil Ex-Präsident Andreas Rudolph eine Bankbürgschaft übernahm. Die Rede ist von 4,6 Millionen Euro. Der HSV darf weiterhin in der Eliteliga spielen, aber es ist einiges anders geworden.
Der deutsche Meister von 2011 hat Bescheidenheit ausgerufen. Etat und Spielergehälter sind schmaler, die Punktausbeute fällt aber auch längst nicht mehr so üppig aus. 18:14 Zähler stehen beim Tabellensechsten zu Buche. Im Vorjahr waren es zum gleichen Zeitpunkt 25:7. Sechs Weltklasseprofis mussten vor Saisonbeginn gehen. Zunächst quälte sich das umformierte Team: kein Sieg, zwei Remis, vier Niederlagen - vorletzter Tabellenplatz. „Wir hatten einen extremen Aderlass“, sagt Geschäftsführer Christian Fitzek. „Keine Mannschaft der Welt wird besser, wenn ein Domagoj Duvnjak sie verlässt.“. Der Kroate spielt jetzt bei Rekordmeister THW Kiel.
Mittlerweile hat sich der HSV unter seinem französischen Trainer Christian Gaudin, der den entlassenen Martin Schwalb beerbte, gefestigt. „Aber es ist alles noch nicht so fest, wie man sich das wünscht“, betont Fitzek und erklärt: „Die erste Sieben entscheidet selber, ob sie gewinnt oder verliert. Danach wird es dünner, da fehlt noch die Erfahrung.“ Fitzek wünscht sich Platz fünf am Saisonende. „Das wäre eine richtig tolle Sache.“
Der HSV nennt seinen Weg in die Zukunft Restrukturierung. „Fans und auch Sponsoren sind bereit, den Weg mitzugehen“, versichert der Geschäftsführer. Im Januar wird der Antrag auf die nächste Bundesliga-Lizenz gestellt. Ob dann erneut eine Patronatserklärung von Rudolph nötig wird, ist unklar. Der Ex-Präsident ist als Geschäftsführer des ambulanten Gesundheitsdienstleisters GHD Hauptsponsor und Mäzen des Vereins. In dieser Rolle würde sich der 59-Jährige gern ablösen lassen. „Manche Firma möchte ihre Werbung lieber unter der linken Schuhsohle eines Fußball-Profis platzieren, als den Handball zu unterstützen“, klagt HSV-Aufsichtsratsmitglied Matthias Rudolph, Bruder von Andreas Rudolph.
Fitzek sieht eine Fehlentwicklung in der Sportlandschaft. „Der Fußball frisst uns auf“, beteuert der 53-Jährige und gesteht: „Das Ganze hat natürlich ein bisschen Neid-Charakter. Wenn am Dienstagabend sogar Regionalliga im Fernsehen gezeigt wird, sehen wir uns aber weiter an den Rand gedrängt.“
Weil die Zeiten im Vereinshandball passé sind, als Mannschaften wie Barcelona, Ciudad Real oder THW Kiel „jeweils mit doppelter Weltauswahl“ (Matthias Rudolph) siegten, sieht sich der HSV nicht im Mittelmaß versinken. „In zwei, drei Jahren wollen wir in die Champions-League-Ränge kommen“, sagt Fitzek. War dafür früher in ein Etat von rund zehn Millionen Euro nötig, so können künftig sechs Millionen Euro reichen.
„Es ist nicht mehr so viel Geld im Umlauf“, beschreibt Matthias Rudolph die internationale Handballszene. Und die Bundesliga, so Fitzek, hat „das Wettrüsten eingeschränkt“. Die HSV-Führung hofft jetzt auf einen höheren Zuschauerzuspruch. „Uns fehlen rund 1000 Zuschauer pro Heimspiel“, gesteht Fitzek. 1200 Dauerkarten-Inhaber waren nach dem Transfer-Hickhack abgesprungen. Der Plan des Geschäftsführers: „Wir müssen die Hamburger überzeugen, dass wir tollen Sport bieten und die Veranstaltungen attraktiver machen.“