HSV: Meisterschaft futsch - letzte Chance Pokal
Kiel (dpa) - Dem deutschen Meister HSV Hamburg droht binnen einer Woche das Ende aller Titelträume. „Ich habe noch nie gehört, dass Mitte Dezember die Meisterschaft entschieden wird, aber natürlich hat Kiel alle Trümpfe in der Hand“, sagte HSV-Präsident Martin Schwalb nach dem 25:30 beim THW Kiel.
Die HSV-Handballer haben inzwischen acht Minuspunkte auf dem Konto - die Titelverteidigung ist dahin. Nun geht es darum, den DHB-Pokal zu gewinnen. „Dieses Spiel am Mittwoch bei den Löwen hat einen hohen Stellenwert“, sagte der Meistercoach Schwalb, der erst im Sommer die Verantwortung auf der Bank an Per Carlén übergeben hatte.
Schon vor dem Saisonanpfiff hatte der frühere Nationalspieler Stefan Kretzschmar gewarnt, dass es im Misserfolg nicht ruhig bliebe in Hamburg und Schwalb selbst wieder die Zügel in die Hand nehmen könnte. Nach der zweiten Auswärtsniederlage binnen vier Tagen (zuvor in Lübbecke) steckten Schwalb und der immer noch mächtige und finanzstarke Ex-Präsident Andreas Rudolph in der Sparkassen-Arena die Köpfe zusammen.
Die Frage ist: Darf Carlén auch bei einem K.o. im Cup-Achtelfinale bei den Rhein-Neckar Löwen weitermachen oder zieht Schwalb dann noch vor Weihnachten die Reißleine? „Der HSV erlebt in diesem Jahr, was wir im vergangenen durchmachen mussten“, sagte THW-Coach Alfred Gislason. Seine Profis sind wegen der hohen Belastung durch die Champions-League-Reisen zum Jahresende zwar ausgelaugt, aber immerhin hat er nicht über langzeitverletzte Akteure zu klagen. Dagegen fällt beim Rivalen Neuzugang und Trainersohn Oscar Carlén (Kreuzbandriss) komplett aus, HSV-Nationalspieler Michael Kraus könnte nach langer Knieverletzung eventuell am Mittwoch wieder auflaufen.
Die Stammelf des HSV, sagen viele, ist einfach zu alt und verletzungsanfällig. Die beiden Kapitäne Pascal Hens (31) und Guillaume Gille (35) geben kaum noch Impulse, kommen meist von der Auswechselbank. Ein Umbruch wurde versäumt - muss Trainer Carlén dafür bezahlen oder darf der Schwede eine Saison ohne Titel beenden? Denn auch wenn die Hamburger in der Champions-League-Gruppenphase bisher glänzend dastehen, ist es illusorisch an den Gewinn der Königsklasse zu glauben.
So nervenschwach, wie sich der HSV beim Rekordchampion THW präsentierte, sind die großen Ziele nicht zu erreichen. Zudem gab es Knatsch zwischen dem sonst so zuverlässigen Siebenmeterwerfer Hans Lindberg und Carlén. Nach vier verworfenen Bällen vom Punkt gab jeder dem anderen die Schuld, dass kein Mitspieler in die Bresche sprang. Die Geschlossenheit des Vorjahres ist dahin.
„Wir wissen, dass wir in der Schlussphase immer stark sind“, beschrieb dagegen Filip Jicha das zurückgewonnene Selbstbewusstsein der Kieler, die ihren Startrekord auf 32:0 Punkte ausbauten. In der Rückrunde müssen sie nur nach Hamburg, alle anderen Spitzenteams reisen an die Förde - da kann mit Titel Nummer 17 eigentlich nichts mehr schiefgehen. Trotz Müdigkeit in den Knochen will der THW am Mittwoch beim Bundesliga-Zweiten Füchse Berlin das nächste Zeichen im Pokal setzen.