Meister gegen Krisen-THW Löwen trauen Kiels „Psychospielchen“ nicht
Mannheim (dpa) - Die Vorzeichen stehen diesmal anders. Der THW Kiel reist schwer angeschlagen zum Handball-Topspiel bei den Rhein-Neckar Löwen, die die letzten Meisterschaftshoffnungen des Rekordchampions am Sonntag (15 Uhr) wohl endgültig beenden könnten.
Schon jetzt gibt sich der kriselnde THW vor dem Duell mit dem aktuellen Titelträger ungewohnt kleinlaut. „Wir spielen beim Meister, beim Top-Favoriten auf den Titel“, sagt Kiels Trainer Alfred Gislason. „In Mannheim muss sehr viel passieren, um dort Punkte mitnehmen zu können.“ Davon lassen sich die Löwen aber nicht blenden. Auf ihrer Homepage bezeichnen sie diese Aussagen lapidar als „Psychospielchen“.
Tatsächlich aber wäre ein Erfolg des THW diesmal eine große Überraschung. Mit 6:6 Punkten legte Gislasons Mannschaft den schlechtesten Start in der Bundesliga seit 15 Jahren hin. Als Tabellenneunter ist ein Platz in der Spitzengruppe schon jetzt in weite Ferne gerückt. Die Löwen dagegen liegen mit bisher vier Siegen und einer Niederlage beim Mitfavoriten SG Flensburg-Handewitt im Soll. Noch nie sind sie derart favorisiert in ein Duell mit den Kielern gestartet. Den ungewohnten Vorzeichen trauen sie aber nicht.
„Die Kieler legen sich jetzt auch etwas auf den Rücken und stellen sich tot. Aber davon werden wir uns nicht täuschen lassen“, sagt Kapitän Andy Schmid. Der Schweizer ist auch in dieser Saison der bisher herausragende Akteur der Löwen, er weiß aus zahlreichen Topspielen, dass der THW nie unterschätzt werden sollte. Zwar spricht auch die Statistik klar für die Gastgeber, die letztmals 2014 ein Liga-Heimspiel gegen Kiel verloren. Schmid und seine Kollegen erinnern sich aber auch noch an den vergangenen März: damals hatte der ebenfalls strauchelnde und personell dezimierte Rekordmeister die Löwen in eigener Halle aus der Champions League geworfen.
„Sie werden mit allem kommen, was sie haben“, ist sich Schmid daher sicher. Denn nur ein unerwarteter Sieg im Spitzenspiel dürfte die brisante Lage im hohen Norden zumindest kurzfristig etwas beruhigen. Zwar gilt der langjährige Erfolgscoach Gislason zumindest in Vereinskreisen nach wie vor als unkündbar. Für Manager Thorsten Storm gab es zuletzt aber zumindest öffentlich keine Rückendeckung. Gemeinsam mit Gislason verantwortet Storm die Zusammenstellung des Kaders, der bisher alles andere als harmoniert. Dennoch hatte der Manager vor der Saison die Meisterschaft als klares Ziel formuliert, was kaum noch zu realisieren ist.
„Der Zug ist abgefahren“, sagte Rückraumspieler Christian Zeitz bereits. „Jetzt geht es darum, die Ehre des THW Kiel zu retten.“ Es bleibt abzuwarten, ob alle Verantwortlichen noch die Zeit bekommen werden, um daran mitzuwirken. Ein Erfolg in der ausverkauften SAP Arena wäre dafür sicherlich nicht schädlich.