Markus Baur: Nationalteam — nein danke

Markus Baur hat nicht vor, Bundestrainer Martin Heuberger zu beerben. Mit der U 21 will er den WM-Titel verteidigen.

Reutlingen. Für Trainer Markus Baur ist es fast ein Heimspiel, wenn der ehemalige Pfullinger am Samstag mit der Junioren-Nationalmannschaft in der Steinlachhalle in Mössingen aufläuft. Um 19 Uhr bestreiten die besten deutschen Nachwuchs-Handballer gegen die Schweiz ihr letztes Testspiel vor der U 21-Weltmeisterschaft in Bosnien-Herzegowina (14. bis 28. Juli). Der Ex-Spielmacher der Nationalmannschaft führt die Junioren als Titelverteidiger zur WM.

Herr Baur, was halten Sie davon, dass Sie nach dem Scheitern der A-Nationalmannschaft in der EM-Qualifikation als neuer Nationaltrainer gehandelt werden?

Markus Baur: Es ehrt mich, wenn mein Name fällt. Es freut mich sogar, ehrlich. Aber ich habe als Junioren-Nationaltrainer zurzeit einen super Job, der mir Riesenspaß macht. Auch auf meinen neuen Job bei den Kadetten Schaffhausen habe ich richtig Lust. Momentan ist das gar kein Thema für mich.

Sie haben Bundestrainer Martin Heuberger ja schon einmal beerbt, vor einem Jahr bei den Junioren.

Baur: Wir reden hier über einen Job, der für mich jetzt überhaupt nicht zur Diskussion steht. Trotzdem darüber zu sprechen, ist nicht meine Art. Mir ist aber sehr wohl bewusst, dass derzeit viel über die Zukunft des Bundestrainers spekuliert wird.

Wie ist Ihr Verhältnis zu Heuberger?

Baur: Gut. Wir haben keine Probleme und arbeiten sehr professionell miteinander. Unsere Handball-Philosophie widerspricht sich nicht. Wir sind während der Vorbereitung auf die Junioren-WM in Kontakt, er kommt uns besuchen.

Was sagen Sie zu der Kritik an Heuberger nach dem EM-Aus?

Baur: Als die deutsche Nationalmannschaft im Frühjahr Fünfte bei der WM wurde, haben alle gejubelt: Eine neue Mannschaft ist geboren. Jetzt ist wieder alles schlecht. Für unsere Sportart ist aber überhaupt nicht gut ist, bei der EM zu fehlen.

Wie beurteilen Sie die Entwicklung der Nationalmannschaft seit dem WM-Titel 2007?

Baur: Klar sieht das alles bescheiden aus und wird als Debakel gehandelt. Doch 2008 waren wir im EM-Halbfinale, 2009 sind wir mit drei Toren am WM-Halbfinale gescheitert, 2010 und 2011 waren wir zwar nicht vorne mit dabei und 2012 haben wir Olympia verpasst. Aber der diesjährige fünfte WM-Platz war ziemlich gut. Fakt ist ja auch: Die Weltspitze ist ziemlich eng zusammengerückt.

Warum sind die deutschen Handballer in der EM-Qualifikation gescheitert?

Baur: Wir haben von sechs Spielen drei verloren und das zweimal gegen eine Mannschaft wie Montenegro, gegen die wir gewinnen müssen. Darüber müssen wir uns Gedanken machen. Außerdem stimmt mich richtig traurig, dass bei uns nicht die besten aktuellen Spieler dabei waren. Wir müssen uns alle fragen, warum das so ist, Deutschland hat genügend sehr gute Spieler. Beim Nachwuchs zählen wir zu den Top-Nationen, aber Probleme gibt’s nach wie vor mit den Jungen, wenn sie den Sprung in die Bundesliga oder Nationalmannschaft schaffen sollen.

Sie wollten mithelfen, dies zu ändern. Sind die aktuellen Junioren schon Heilsbringer für die A-Nationalmannschaft?

Baur: Noch nicht. Meine Junioren brauchen Zeit. Ein junger Spieler muss reifen können und sich über viele, viele Spiele und internationale Einsätze wie im B-Nationalteam weiterentwickeln können.

Sie waren jahrelang Regisseur der Nationalmannschaft, wie übertragen Sie Ihre Spielintelligenz auf die Jungen?

Baur: Es gibt ja viele Spielsituationen, in denen ich den Jungs aufgrund meiner eigenen Erfahrung Tipps geben, Perspektiven für ein alternatives Handeln aufweisen. Was dann wieder verkümmert, wenn die jungen Spieler in ihren Vereinen nur auf der Bank sitzen.

Sind Sie für eine Selbstbeschränkung der Bundesliga, um jungen Spielern mehr Einsatzzeiten zu ermöglichen?

Baur: Ich habe kein Patentrezept. Die Spieler sind bei den Vereinen unter Vertrag, die ihre Gehälter bezahlen. Auch von einer Reduktion der Liga auf 14 Clubs halte ich nichts, denn dann hätten die jungen Spieler noch weniger Möglichkeiten. Aber die Liga und der Deutsche Handball-Bund müssen so zusammenarbeiten, dass jeder am meisten davon profitiert. Ich unterstelle keinem Verein, dass er keine deutschen Nationalspieler haben will. In der Jugendarbeit und der Eliteförderung hat sich bei uns in Deutschland in den letzten Jahren viel getan. Da haben wir ein sehr gutes Niveau.