Schwedens langer Weg aus dem tiefen Tal
Handball: Bei der Weltmeisterschaft möchte der Gastgeber an glorreiche Zeiten anknüpfen.
Minden. Dalibor Doder rauft sich die Haare. Der schwedische Handball-Nationalspieler in Diensten des Zweitligisten GWD Minden sucht nach einer Antwort. Wie er sich auf seine Heim-WM vorbereite? Schließlich bringt er nur ein Wort hervor und wiederholt es: „Nervös. Nervös. Ich glaube, ich werde ungeheuer nervös sein. Speziell, wenn wir in meiner Heimatstadt Malmö spielen.“
Der Aufbauspieler des WM-Gastgebers spielt sein zweites Weltturnier. „Und ich weiß, wie nervös ich vor zwei Jahren in Kroatien war.“ Erschwerend komme dieses Mal hinzu, dass die WM einmalig sein wird, weil „ich in meiner Karriere nicht wieder eine Weltmeisterschaft in Schweden spielen werde“. Vor neun Jahren gewann Schweden seinen letzten Titel.
Am 3. Februar 2002 schlugen sie in Stockholm die deutsche Nationalmannschaft nach einem denkwürdigen Finale mit 33:31 nach Verlängerung. Damals war Schweden die Macht in der Handball-Welt: 1998 Europameister, 1999 Weltmeister, 2000 Europameister und 2002 erneut. Das einzige, was den stolzen Schweden, den nach ihrem Erfolgstrainer Bengt Johansson benannten „Bengans Boys“, noch fehlte, war die Goldmedaille bei Olympischen Spielen. Diese hatten sie 1992, 1996 und 2000 gleich dreimal in Folge als Zweiter verpasst.
Anstatt den nötigen Umbau des überalterten Kaders vorzunehmen, wollten die „alten Schweden“ mit dem Gold in Atlanta 2004 ihre Karriere krönen. Doch das Team schaffte nicht einmal die Qualifikation. Das war die Katastrophe schlechthin. Aus diesem tiefen Loch ist die Nationalmanschaft bis heute nicht wieder herausgekommen.
Für die WM 2007 in Deutschland waren die „Tre Kronors“ nicht qualifiziert. Bei der EM 2008 wurden sie Fünfte, die WM 2009 schlossen sie als Siebte ab. Bei der EM 2010 kam das Aus bereits in der Vorrunde. Wenn die Handball-Welt nun wieder zu Gast in Schweden ist, wird die neue, noch titellose Generation unweigerlich mit der glorreichen Vergangenheit konfrontiert. Die „Bengans Boys“ eröffnen die WM mit einem Nostalgie-Spiel, erst danach steigen die Erben in den Ring — mit dem WM-Auftaktspiel gegen Chile. Zu hohe Erwartungen möchte Dalibor Doder erst gar nicht aufkommen lassen: „Die Leistungsdichte ist mittlerweile so hoch. Es gibt keine klaren Favoriten mehr.“ Genau aus diesem Grund hofft Doder, dass „wir die Vorrunde überstehen — und dann ist alles möglich“.
“ Schweden - Chile Donnerstag, 13.01.2011, 20 Uhr/Sport 1