„Air Otto“ will bei WM durchstarten
Berlin (dpa) - Björn Otto nahm den kleinen Fauxpas des Cheftrainers mit Humor. „34!“ Nach der lautstarken Korrektur seines Alters musste Deutschlands neuer Stabhochsprung-Überflieger selber grinsen - und Otto hatte die Lacher auf seiner Seite.
Der deutsche Hallenmeister kam in Karlsruhe just in dem Moment zur Abschluss- Pressekonferenz in den Raum, als DLV-Coach Herbert Czingon das grandiose Stab-Trio noch einmal in den Himmel hob: „Drei absolute Weltklasseleistungen. Es ist unglaublich, dass diese jungen Leute - er ist 35 - so wiederkommen.“
Otto finden alle gut. Aber er ist (noch) keine 35. Der Mann fühlt sich wie im zweiten Sportler-Frühling und überhaupt noch nicht alt. Das Ticket für die Hallen-WM in Istanbul (9. bis 11. März) hat der Studenten-Weltmeister von 2005 seit Montag als einer von 17 nominierten deutschen Athleten sicher, die Eintrittskarte für den Sechs-Meter-Club will er noch in diesem Jahr lösen. Die Höhe hat er drauf. Das sagt er selber, und das wissen nicht nur die deutschen Club-Mitglieder Tim Lobinger und Danny Ecker.
Gelingt „Air Otto“ in zwei Wochen die Punktlandung am Bosporus? „Als Zweitbester der Welt muss man sagen: Irgendeine Medaille ist schon das Ziel“, erklärte der Routinier vom LAV Bayer Uerdingen/Dormagen. „Mit zehn Jahren hat man mir zum ersten Mal einen Stab in die Hand gedrückt, mit elf habe ich meinen ersten Wettkampf bestritten.“ Erfahrung als Mehrwert? „Man ist mit Sicherheit gelassener, wenn man im dritten Versuch mal die Stäbe wechselt.“
Zweimal 5,92 Meter innerhalb von acht Tagen - spätestens mit dem Höhenflug in der Karlsruher Europahalle hat sich Björn Otto zum Medaillenkandidaten für Istanbul aufgeschwungen. „Zum Schluss war ich etwas platt. Da ist doch ein wenig Last abgefallen. Es waren gute Versuche - und das lässt mich auf mehr hoffen“, meinte der Halenmeister, „sechs Meter sind der nächste Schritt.“
Davon konnte der Biologie-Student vor zwei Jahren noch nicht einmal träumen: Nach dem zweiten Achillessehnenriss schien die Karriere vorbei - doch Otto rappelte sich wieder auf. Seit dem Herbst 2011 konnte der Oldie endlich einmal verletzungsfrei durchtrainieren. 2012 könnte nun zum Jahr der erfüllten Träume werden - nicht nur im Sport. Im Herbst will Otto bei einer privaten Flugschule endlich seine Ausbildung zum Verkehrspiloten starten.
Malte Mohr hat zwar seinen Hallen-Titel verloren, aber das zweite WM-Ticket gewonnen. Fünf Zentimeter fehlten dem Wattenscheider im Final-Krimi, doch die Fans fanden nicht nur Otto gut. Auch Mohr überzeugte, er steigerte seine persönliche Hallen-Bestmarke um einen Zentimeter aus 5,87 Meter. Raphael Holzdeppe (Zweibrücken) war mit 5,82 Metern diesmal nicht der lachende Dritte. Nur ein Duo darf zur Hallen-WM. „Gratulation an Björn, 5,92 - sensationell!“, lobte Mohr, der auch mit seiner Leistung „sehr zufrieden“ war.
Europameister Renaud Lavillenie hat Otto jedenfalls längst auf der Rechnung. Als sein deutscher Rivale am 18. Februar in Potsdam erstmals 5,92 Meter meisterte, war der kleine Franzose sofort auf der Höhe. Ein „Spion“ informierte ihn per Handy. Minuten später segelte Lavillenie in Nevers einen Zentimeter höher.