Bailey grüßt Bolt: Einen Weltrekord hab' ich noch

Oslo (dpa) - Der eine ist 100-Meter-Weltrekordler, sein früherer Landsmann war vor 15 Jahren der schnellste Mann der Welt. Donovan Bailey hält große Stücke auf Usain Bolt und die jamaikanische Sprintschule.

Bolt & Co., glaubt der Kanadier, werden auch die kommenden Jahre dominieren.

Die Bühne im Osloer Rathaus gehörte „Big Bolt“, und schon im Vorprogramm der Ein-Mann-Show drehte sich fast alles um den schnellsten Mann der Welt. „Usain Bolt und die Jamaikaner werden die Sprintszene in den kommenden Jahren weiter dominieren. In Kingston wurde von Stephen Francis und Glen Mills ein perfektes Trainingssystem aufgebaut“, meinte Ex-Weltrekordler Donovan Bailey, der 20 Minuten vor Bolt ins „Kreuzverhör“ der Medien genommen wurde.

Der 43 Jahre alte Kanadier hat Ahnung von der Leichtathletik, er wird bei der Weltmeisterschaft in Daegu/Südkorea (27. August bis 4. September) für das Fernsehen cokommentieren, doch das Wichtigste: Bailey ist in Manchester Parish geboren. Auf der Insel der glückseligen Sprinter - in Jamaika. Als er 13 war, wanderte seine Familie aus. „Da kommen die besten Sprinter her. Nicht nur Usain, auch Linford Christie ist ja in Jamaika geboren und Olympiasieger geworden“, meint Bailey. „Und ich hatte das Glück 1996 in Atlanta: Olympia-Gold mit Weltrekord.“

Olympiasieger, Weltmeister, Weltrekordler: Bolt ist nur die Spitze der Pyramide. Seit Jahren werden die Weltranglisten über 100 und 200 Meter von der schwarz-gelb-grünen Jamaika-Koalition dominiert. Schließlich kommen auch Olympiasieger und Weltmeister auf der prestigeträchtigsten olympischen Sprint-Strecke, den 100 Metern, von dort: Shelly-Ann Fraser und Usain Bolt. „Und mit Usain ist auch in diesem Jahr zu rechnen. Er ist zweimal 9,91 gelaufen, das sind respektable Zeiten“, erklärt der Kanadier. „Die Saison hat für Bolt doch gerade erst begonnen. Alles was zählt, ist die WM.“

Die Grundlagen werden in Jamaika schon in der Schule gelegt. Bis zu 40 000 Fans feuern die Kids bei den „Champs“, den traditionellen College-Meisterschaften, an. Bald trennt sich die Spreu vom Weizen, nur die Besten sehen sich in einer der Leichtathletik-Hochburgen in Kingston wieder. Entweder beim Club Maximising Velocity Power von Trainer Stephen Francis mit Asafa Powell oder beim Racers Track Club mit Bolt unter Coach Glen Mills.

Bailey ist die 100 Meter 15 Mal unter zehn Sekunden gelaufen, sein Weltrekord von 1996 in Atlanta (9,84) ist auch knapp 15 Jahre später noch kanadischer Rekord. „Mit einer Zeit unter zehn Sekunden warst du damals im exklusiven Sprint-Club. Heute kommst du da nur rein, wenn du unter 9,80 rennst“, sagt der Olympiasieger, der sich 2001 vom Leistungssport verabschiedet hat. „Die Jungs von heute sind einfach jünger, schneller, stärker.“

Beim Diamond-League-Meeting am Donnerstagabend im Osloer Bislett-Stadion wollte Bailey seinem früheren Landsmann natürlich die Daumen drücken. „Einen von meinen zwei Weltrekorden habe ich ja noch: Den Hallen-Weltrekord über 50 Meter“, meint Bailey und muss grinsen: „Aber auch der ist in Gefahr, wenn Usain mal diese Strecke rennt.“