Bolt gegen Lemaitre: Zwei Sprinter, zwei Welten

Paris (dpa) - Der „Kampf der Kulturen“ steigt am Freitagabend um kurz vor zehn. So jedenfalls nennen die Veranstalter des Diamond- League-Meetings in Paris das 200-Meter-Duell zwischen Weltrekordhalter Usain Bolt und Europameister Christophe Lemaitre.

Dieses Rennen stellt alle anderen durchaus hochkarätig besetzten Wettbewerbe in den Schatten, denn es gibt nichts, das sich so gut verkaufen lässt: Hier der vermeintlich Überirdische, dort der aufstrebende Lokalheld aus Frankreich, der dazu noch der einzige weiße Leichtathlet ist, der in der seit Jahren von Schwarzen dominierten Sprintelite nicht völlig aussichtslos hinterherrennt.

„Er ist extrem gut drauf. Ich bin stolz auf ihn“, sagte Bolt in Paris über Lemaitre. Das war nett gemeint, klang aber doch sehr von oben herab formuliert - und drückte damit genau die Verhältnisse aus, unter denen beide im Stade de France an den Start gehen werden.

Denn bei den bisherigen Aufeinandertreffen sah der 21 Jahre alte Franzose immer nur die Hacken des drei Jahre älteren Weltmeisters und Olympiasiegers aus Jamaika. Zuletzt unterlag er ihm in Rom über 100 Meter. „Ich bin definitiv noch nicht auf einem Level mit Leuten wie Bolt oder Powell“, meinte Lemaitre. „Aber gegen sie zu laufen, hilft mir dabei, voranzukommen und zu sehen, wo ich stehe.“

Noch größer waren nur die Unterschiede, die in Paris bei der Präsentation der beiden Publikumslieblinge gemacht wurden. Lemaitre durfte in einer Reihe mit zehn anderen Athleten ein paar Fragen der Weltpresse beantworten. Für Bolt, und zwar nur für Bolt, hatte der Hauptsponsor des Meetings schon am Vortag einen gediegenen Konferenzsaal mit gepolsterten Sesseln freigeräumt. „Ich fühle mich gut und erwarte eine gute Zeit“, hatte er da verkündet.

Dabei sind sich beide zumindest auf dem Papier in diesem Jahr so nah wie nie zuvor. Lemaitre lief im Juni gleich zweimal den französischen 100-Meter-Rekord von 9,95 Sekunden und bestätigte damit seine starken Leistungen aus der vergangenen Saison. Bolt dagegen hatte trotz seiner Siege in Rom, Ostrau (100 Meter) und Oslo (200 Meter) sichtbare Probleme, in Form zu kommen. Der Superstar legte zuletzt eine vierwöchige Wettkampfpause ein, flog zurück nach Jamaika und trainierte dort intensiv mit seinem Coach Glen Mills.

„Ich habe das getan, was getan werden musste“, sagte Bolt. „Jetzt fühle ich mich deutlich besser.“ Die 200 Meter sind seine Lieblingsstrecke, auch wenn er sie in Paris erst zum zweiten Mal in dieser WM-Saison in Angriff nehmen wird. Lemaitre geht es da nicht anders. Für ihn ist es das dritte Rennen 2011 über diese Distanz.

Im Schatten der beiden messen sich in Paris auch zahlreiche deutsche Athleten mit starker Konkurrenz. So sind unter anderem Speerwerferin Christina Obergföll, Stabhochspringer Malte Mohr, Diskuswerfer Robert Harting und Hochspringer Raul Spank am Start. Der Hallen-Europameister im Weitsprung, Sebastian Bayer, musste seine Teilnahme dagegen wegen Knieproblemen absagen.