Bolt siegt gegen Powell und den Startblock
Oslo (dpa) - Wer stoppt Usain Bolt? Als der Triumph perfekt und Asafa Powell zum elften Mal besiegt war, hätte der schnellste Mann der Welt fast noch ein Blumenmädchen umgerannt.
Doch Blitz-Bolt kann auch bremsen - der Jamaikaner fing die strauchelnde junge Dame gerade noch ab, bevor sie auf die ziegelrote Bahn stürzte, umarmte sie und grinste dann wie ein Lausbub. Die Ein-Mann-Show hatte ihren Höhepunkt erreicht, seinen Job hatte der Jamaikaner längst gemacht: 100 Meter in 9,79 Sekunden. Noch Fragen? Die 15 013 Zuschauer im ausverkauften Bislett-Stadion tobten vor Begeisterung, hunderte Arme streckten sich dem Idol vom anderen (Sprint)-Stern auf der Ehrenrunde entgegen.
„Meine Reaktion beim Start war gut, aber ich bin nicht so gut wie in Rom in Schwung gekommen. Mit dem Startblock bin ich diesmal nicht zurecht gekommen. Trotzdem habe ich bewiesen, dass ich auch unter Druck gut laufen kann“, sagte der Weltrekordler nach seinem Sieg beim Diamond-League-Meeting am Oslo-Fjord.
Zum 29. Mal in vier Jahren war Bolt auf der prestigeträchtigsten Sprintstrecke unter 10 Sekunden geblieben. Auch in diesem Jahr ist der Champion unbesiegt, in Oslo fehlten nur drei Hundertstelsekunden zu seiner Top-Zeit von Rom. Keine Frage, wer am 5. August in London der Favorit im olympischen 100-Meter-Finale ist.
Und Powell? Nach dem zwölften Duell mit seinem großen Landsmann steht es 11:1 für Bolt. Ex-Weltrekordler Powell, der in Oslo schon viermal gewonnen hatte, steht seit Jahren im Schatten seines befreundeten Rivalen. 9,85 Sekunden waren zwar Saisonbestzeit für Powell, der 29-Jährige sprach dann auch von einem „irren Rennen“ - als Zweiter war er dennoch wieder der erste Verlierer. „Asafa Powell spielt die meistbekannte zweite Geige auf der Welt“, kommentierte die norwegische Zeitung „Aftenposten“ süffisant.
In der Tat. Schon zum 77. Mal (!) blieb Staffel-Olympiasieger Powell unter 10 Sekunden; eine 9,72 ist er schon vor vier Jahren gerannt. Doch bis heute fehlt dem bulligen Power-Sprinter Einzel-Gold bei Olympia oder Weltmeisterschaften. „Bis 85 Meter war ich gut dabei, dann wurden mir die Beine schwer“, gab Powell zu. „Es ist gut für mich, mit so einer schnellen Zeit zu den Trials zu fahren.“
Auch für Bolt sind die Olympia-Ausscheidungen der Leichtathletik- Großmacht Jamaika Ende Juni in Kingston die nächste große Herausforderung. Nach Europa kommt er erst am 20. Juli zurück. Dann rennt er in Monaco die 200 Meter - und muss wohl wieder mit seinem Startblock kämpfen. Die neuen Blöcke, die bei der Diamond League zum Einsatz kommen, sind offenbar zu klein für Bolt. Denn der Mann lebt auf großem Fuß: Schuhgröße 48,5. Deshalb reist Mr. Bolt gewöhnlich mit seinem eigenen Startblock an - das ging in Oslo nicht.
Für die kleine deutsche Reisegruppe hat sich der kurze Oslo-Trip durchaus gelohnt. Zweite Plätze und jeweils 6000 Dollar Prämie erkämpften Diskuswerferin Nadine Müller und Stabhochspringer Malte Mohr. Kugelstoß-Weltmeister David Storl landete auf Rang drei.
Ein dickes Ausrufezeichen setzte 5000-Meter-Läufer Arne Gabius. Der 31 Jahre alte Tübinger, der sich seit zehn Monaten selbst trainiert, wurde bei den inoffiziellen „Afrika-Meisterschaften“ zwar nur 14., war aber der beste Weiße im Feld. In ganz starken 13:13,43 Minuten rannte Gabius von Oslo praktisch direkt nach London. Um mehr als 13 Sekunden unterbot der rasende Arzt seine persönliche Bestzeit.