Bolt: Weltrekord und zwei Titel sind das Ziel

Moskau (dpa) - Beinahe hätte Usain Bolt dieses Rennen noch verloren. Der Superstar bremste auf der Zielgeraden seines 200-Meter-Halbfinals so stark ab, dass der völlig unbekannte Südafrikaner Anaso Jobodwana am Ende nur eine Hundertstelsekunde hinter ihm lag.

Der Olympiasieger und Weltrekordler aus Jamaika hatte in seinen beiden Qualifikations-Rennen am Freitag eben nur ein Ziel: So viel Kraft wie möglich zu sparen für das große Finale bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Moskau.

Es soll noch einmal sein Wochenende im Luschniki-Stadion werden. Nach seinem Sieg über 100 Meter will Bolt am Samstag zunächst über 200 und dann am Sonntag mit der jamaikanischen Sprintstaffel auch noch über 4 x 100 Meter allen davon laufen. Sollte er das schaffen, wäre er mit insgesamt acht Gold- und zwei Silbermedaillen schon im Alter von nur 26 Jahren der erfolgreichste Leichtathlet der WM-Geschichte - noch vor Legenden wie Carl Lewis (8-1-1) und Michael Johnson (8-0-0) aus den USA.

Der sechsmalige Olympiasieger ließ am Freitag keinen Zweifel daran, dass er diese beiden Titel auch noch mit nach Hause nehmen wird. „Ich fühle mich gut, wirklich gut“, rief er den wartenden Journalisten nach seinem 20,66 Sekunden dauernden Spaziergang durch den Vorlauf zu. Dann verschwand er wieder im Bus Richtung Hotel.

Aus seinen wenigen Interviews in Moskau weiß man, dass Bolt am Samstag zumindest mit dem 200-Meter-Weltrekord liebäugelt. „Ich kann nichts versprechen. Aber ich werde mein Bestes geben“, meinte er. „Der 200-Meter-Weltrekord ist derjenige, den ich am liebsten noch einmal brechen würde. Allein um zu sehen, ob es wirklich möglich ist, unter 19 Sekunden zu laufen.“ Seine aktuelle Bestzeit liegt bei 19,19 Sekunden - aufgestellt vor vier Jahren in Berlin.

Bolt muss in Moskau allerdings schon einen Weltrekord laufen, um noch einmal annähernd einen so großen Hype zu entfachen wie damals in Berlin oder vor einem Jahr bei den Olympischen Spielen in London. Denn für seine Verhältnisse ist es bei dieser WM sehr ruhig geworden um den Superstar - selbst nach seinem 100-Meter-Sieg am Sonntagabend.

Bolt ließ sich da zunächst noch feiern im Stadion und tauchte anschließend bis zu seinem 200-Meter-Vorlauf am Freitag wieder ab. Der jamaikanische Verband ließ nur wissen, dass er am Montag einen freien Tag eingelegt und am Dienstag wieder mit leichtem Training begonnen habe. Ansonsten: Keine Pressekonferenz, kein Show-Auftritt, kein öffentliches Training, keine Fotos. So etwas wäre in London oder Berlin noch unvorstellbar gewesen.

Die Öffentlichkeit hat sich längst gewöhnt an Bolts Siege. Hinzu kommt, dass er insbesondere Medien immer noch aus dem Weg geht, weil er befürchtet, vor allem zum Thema Doping befragt zu werden.

Die Affäre um seine beiden überführten Rivalen Tyson Gay (USA) und Asafa Powell (Jamaika) wirkt auch noch bis zum 200-Meter-Finale nach. Denn ohne Gay fehlt Bolt auch in diesem Rennen sein stärkster Konkurrent. Alle die ihm jetzt noch einigermaßen folgen können, sind jung und unerfahren: Seine jamaikanischen Staffelkollegen Warren Weir und Nickel Ashmeade, der Amerikaner Curtis Mitchell, der starke Brite Adam Gemili. Auch Anaso Jobodwana wird ihm wahrscheinlich nicht noch einmal so nah kommen wie am Freitagabend.