Dank Super-Sprinter: WM-Staffeln mit Medaillenchance

Weinheim (dpa) - Begeistert sprang Martin Keller Bundestrainer Roland Stein geradewegs in die Arme. Gerade war die 100-Meter-Zeit des Leipzigers um sechs Hundertstelsekunden nach unten korrigiert worden: 10,07 Sekunden.

Damit hatte der Sprinter bei der WM-Generalprobe in Weinheim den 28 Jahre alten deutschen Rekord von Frank Emmelmann (10,06) nur um einen Wimpernschlag verfehlt. Seine um zwölf Hundertstelsekunden gedrückte persönliche Bestmarke weist Keller nun als zweitschnellsten Deutschen der Geschichte nach Emmelmann aus - die handgestoppten 10,0 Sekunden von Armin Hary aus den Jahren 1958 und 1960 sind offiziell nicht anerkannt.

Kellers erster Kommentar galt den ungeahnten WM-Perspektiven der Staffel. „Vielleicht holen wir ja Bronze“, rief der 26-Jährige spontan, ehe Julian Reus mit ebenfalls persönlicher Bestzeit von 10,08 Sekunden die Hoffnung der deutschen Sprinter auf Edelmetall noch zusätzlich befeuerte. Zusammen mit Lucas Jakubczik aus Berlin und dem Wolfsburger Jens Knipphals unterstrichen sie zudem ihre Ambitionen in der Zeit von 38,13 Sekunden - nur die Staffeln der USA und von Jamaika waren in diesem Jahr bislang schneller.

„Wir können auf Platz drei laufen, wenn wir eine Topleistung abrufen“, blickte auch Reus über seinen Einzelstart bei der WM über das Einzelrennen hinaus, wo sich der deutsche Meister die Teilnahme am Halbfinale zum Ziel gesetzt hat. Ebenso wie Ex-Europameisterin Verena Sailer, die gleichfalls so schnell lief wie noch nie zuvor und sich mit 11,02 Sekunden auf Rang acht der für die WM relevanten Rangliste schob. Seit Katrin Krabbe war keine Deutsche schneller.

Vor Jahresfrist war Sailer in Weinheim bereits 11,05 Sekunden gelaufen, Reus hatte mit 10,09 Sekunden am Rekord gekratzt und zusammen mit Keller die 30 Jahre alte deutsche Bestmarke in der Staffel auf 38,02 Sekunden pulverisiert. Der perfekten Generalprobe folgte aber bei den Olympischen Spielen in London ein böses Erwachen: Aus im Vorlauf. Reus und Keller sind zuversichtlich, dass sich das Missgeschick nicht wiederholt. „Wenn man die richtigen Konsequenzen zieht, kann einen das stärker machen“, sagte Reus.

Die Renaissance des deutschen Männer-Sprints führen sie auf verletzungsfreie Vorbereitungen, das akribische Training in den vergangenen Jahren und den neuen Konkurrenzkampf zurück. „Wenn du einen wie Julian Reus in der Mannschaft hast, zieht er die anderen mit“, sagte Keller. Bezahlt gemacht hätten sich auch die Trainingscamps in den USA. Im Mai war Keller in Florida mit zu viel Rückenwind bereits 9,99 Sekunden gelaufen. Das Erlebnis macht ihm Beine: „Wenn man einmal unter zehn Sekunden geblieben ist, dann will man das auch bei regulärem Wind schaffen.“ Vielleicht, sofern Keller noch für die 100 Meter nominiert wird, ja schon in Moskau.

Auch im Weitsprung hat der DLV eine Medaillenanwärterin: Die Wattenscheiderin Sosthene Moguenara katapultierte sich mit 7,04 Metern auf Platz zwei der Weltrangliste 2013 und damit eine Woche vor Beginn der Weltmeisterschaften in Moskau überraschend in den Kreis der Medaillenanwärterinnen.