Dreimal Gold in Moskau: Bolt überholt sogar Carl Lewis

Moskau (dpa) - Zunächst gewann Usain Bolt das 200-Meter-Rennen, und als er am Sonntag auch noch als Schlussläufer von Jamaikas 4 x 100-Meter-Staffel durchs Ziel lief, stand fest: Bolt hat die Legende Carl Lewis als erfolgreichsten Leichtathleten der WM-Geschichte abgelöst.

Aus seiner eigenen Generation konnte Superstar Bolt auch in Moskau niemand mehr folgen. Nach seinem Staffel-Erfolg in Weltjahresbestzeit von 37,36 Sekunden und der Weltjahresbestzeit über 200 Meter (19,66) notierten die Chronisten: die Titel zwei und drei für Bolt in Moskau. Und vor allem seine neunte und zehnte Medaille insgesamt bei einer Weltmeisterschaft (achtmal Gold, zweimal Silber). Einen Michael Johnson oder Sergej Bubka hat Lewis in den Rekordlisten noch abwehren können mit achtmal Gold und je einmal Silber und Bronze. Für Usain Bolt hat aber selbst diese imposante WM-Bilanz nicht gereicht.

Der Superstar selbst tat so, als interessiere ihn dieser nächste Meilenstein in seiner Karriere nicht sonderlich. Er sammelt längst Titel, wie andere Leute Fußballtrikots oder Modellautos. „Mein großes Ziel war immer, eine Legende zu werden. Das habe ich schon letztes Jahr bei den Olympischen Spielen geschafft“, meinte Bolt. „Jetzt versuche ich, noch so viele Goldmedaillen wie möglich zu gewinnen. Aber ich zähle die gar nicht mehr richtig mit.“

Der 200-Meter-Sieg sei ihm in Moskau der wichtigste gewesen. „Ich liebe die 200. Ich bin vor diesem Rennen immer noch etwas nervöser als vor anderen, weil mir diese Strecke so viel bedeutet“, erklärte er. „Für mich bedeutet es mehr, den 200-Meter-Titel verteidigt, als den 100-Meter-Titel zurückerobert zu haben.“

Nach diesem Erfolg fühlte es sich für Bolt fast schon wieder so an, als habe es den großen Dopingskandal vor der WM und die wachsenden Zweifel an seiner Sauberkeit nie gegeben. Der Jamaikaner badete im Luschniki-Stadion in einem Meer aus Fotografen und Fans. Als er Freunde auf der Tribüne umarmen wollte, musste für einen Moment der Sicherheitsdienst eingreifen. Eine Frau aus dem Publikum wollte den schnellsten Mann der Welt gar nicht mehr loslassen.

Neu war in Moskau nur, dass Bolt die große Bühne in der Leichtathletik nicht mehr allein gehört. Einen Mo Farah kennt nach seinem nächsten Doppelsieg über 5000 und 10 000 Meter auch fast jeder Sportfan auf der Welt. Und Jelena Issinbajewa stahl Bolt bei ihrer Heim-WM sogar regelrecht die Show. Nach ihrem noch viel lauter als jeder Bolt-Auftritt gefeierten Sieg im Stabhochsprung sorgte die Russin jeden Tag mit einer anderen Geschichte für Schlagzeilen. Mal ging es um ihre Baby-Pläne, mal um ihre heftig kritisierte Haltung zum russischen Anti-Homosexuellen-Gesetz.

Bolt dagegen tauchte bei dieser WM regelrecht ab zwischen seinen Rennen. Keine Pressekonferenzen, keine Show-Auftritte, kein Hype wie noch 2012 bei den Olympischen Spielen in London. Der Superstar käme auch gar nicht in die Verlegenheit, sich wie Issinbajewa in einer bedeutenden Frage in die Nesseln zu setzen. Der Umgang mit Doping im Sport? Die politische Lage in Russland? Alles nicht sein Thema.

In den kommenden Wochen startet Bolt noch bei den Diamond-League-Meetings in Zürich (29. August) und Brüssel (6. September). Sein Fernziel bleibt aber ein anderes: „Ich sehe diese WM nur als ersten Schritt Richtung nächste Olympische Spiele“, sagte er in Moskau. „Ich will 2016 nach Rio de Janeiro reisen und dort alle meine drei Titel verteidigen.“ Auch in dieser Wertung bleibt Carl Lewis sein großer Rivale. Der Amerikaner hat bei Olympischen Spielen insgesamt neun Goldmedaillen gewonnen - Bolt steht erst bei sechs.