Fall Krabbe hat Anti-Doping-Regeln revolutioniert
Düsseldorf (dpa) - Mit dem spektakulären Sportskandal um Katrin Krabbe hat einst die Revolution des Anti-Doping-Regelwerks begonnen.
„Erst der Fall hat bewirkt, dass es heute ein tragfähiges, strukturiertes System der Sanktionierung bei Doping gibt. National wie international“, erklärte Clemens Prokop, Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), 20 Jahre nach Beginn der Affäre. Am 15. Februar 1992 hatte der DLV das Sprinterinnen-Trio Krabbe, Grit Breuer und Silke Möller wegen Verfälschens von Urinproben zunächst für einen Monat suspendiert.
Beim Training in Zinnowitz und Stellenbosch (Südafrika) waren Urinproben der Athletinnen um Doppel-Weltmeisterin Krabbe genommen worden, die sich bei der Analyse als identisch erwiesen - aber ohne positiven Befund waren. Das war der Anfang eines juristischen wie sportpolitischen Marathons, bei dem die Lücken der Regelwerke von Sportverbänden offenbar wurden. Im Fall Krabbe I wegen der angeblichen Manipulation von Urinproben hob der DLV-Rechtsausschuss die Suspendierung wegen „Formfehlern“ auf. Danach erstritt das Trio auch beim Schiedsgericht des Weltverbandes IAAF Freisprüche.
Während der Olympischen Spiele 1992 in Barcelona wurde jedoch bekannt, dass die Dopingproben von Krabbe und Breuer in einem weiteren Trainingslager positiv auf das bis dahin im Sport unbekannte Clenbuterol getestet wurden. Ihr Trainer Thomas Springstein bestätigte sogar die Einnahme des in der Kälbermast verwendeten Mittels - es stand zum damaligen Zeitpunkt aber nicht auf der Doping-Verbotsliste. Dennoch wurde das Duo „wegen einer Sportwidrigkeit durch Medikamenten-Missbrauch“ vom DLV für zwölf Monate gesperrt.
Die IAAF verlängerte die Sperre um zwei Jahre und spitzte den Fall Krabbe II damit zu. Katrin Krabbe klagte auf dem zivilen Rechtsweg gegen die Ausweitung des Banns - mit Erfolg. Das Landgericht München gestand ihr in einem Urteil am 17. Mai 1995 Schadenersatz zu und erklärte die Verlängerung der Sperre um zwei Jahre für rechtswidrig. Wegen entgangener Start- und Siegprämien sowie Sponsorengelder wurde die IAAF im Juni 2001 schließlich zur Zahlung von 1,2 Millionen Mark verurteilt.
„Der DLV war damals rechtlich nicht auf den Fall vorbereitet“, sagte Prokop, der als Verbands-Rechtswart damals die Interessen des DLV vertrat. Vor seiner Wahl zum Präsidenten des Verbandes 2001 initiierte er deshalb einen Anti-Doping-Code, mit dem das juristische Verwirrspiel bei Dopingfällen ein Ende haben sollte. Es war der erste Schritt zu einem fundierten Rechtssystem, der sich zum Welt-Anti-Doping-Code entwickelte.
Heute hat der DLV - wie andere nationale Verbände auch - das Management von Dopingfällen an die Nationale Anti-Doping-Agentur (NADA) übergeben. „Wir sind nun völlig außen vor. Da haben wir genau die richtige Entscheidung getroffen“, meinte Prokop.
Für David Howman, Generaldirektor der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA), hat der Fall Krabbe einiges bewirkt, aber nicht alles verändert. „Was sich nicht geändert hat, ist, dass es Menschen gibt, die ein Risiko eingehen und die Anwälte haben, die das eventuell bereinigen“, sagte er.
Die Fälle der Radprofis Jan Ullrich und Alberto Contador sind Beispiele für jahrelange juristische Gefechte. Ohne Wirkung sei der Anti-Doping-Kampf aber nicht geblieben. „Man kann nicht erwarten, alle Menschen zu ändern“, meinte Howman. „Doch über die Jahre haben wir eine signifikante Zahl von Athleten, deren Einstellung sehr viel besser geworden ist als 1992.“