Foto- statt Videobeweis: Storl bleibt Protest erspart
Moskau (dpa) - Fotobeweis statt Videobeweis: Ein deutscher Fotograf hat bei den Kugelstoßern entscheidend mit in den WM-Titelkampf eingegriffen - Proteste gab es danach nicht mehr.
Im europäischen Handball wurde bei strittigen Torszenen der Videobeweis auf Probe eingeführt. Der Fußball wehrt sich noch, zumindest gab es beim Confederations Cup in Brasilien einen Testlauf der Torlinientechnologie. Im Eishockey und Tennis sind elektronische Hilfsmittel schon länger im Einsatz. In der Leichtathletik werden bewegte Bilder bei Protesten als Beweismittel zugelassen - allerdings normalerweise nach den Wettkämpfen.
Die Bilder des Reuters-Fotografen Kai Pfaffenbach haben bei den Weltmeisterschaften in Moskau dem deutschen Kugelstoßer David Storl zur Goldmedaille ohne langwierige Proteste verholfen. In seinem vierten Versuch am Freitagabend im Luschniki-Stadion kam der Titelverteidiger weit über die 21-Meter-Marke. Zunächst aber hob ein Kampfrichter die Rote Fahne - ungültig. Storl soll unerlaubterweise die Kante des Rings berührt haben. Der Chemnitzer wehrte sich dagegen, Bildfrequenzen eines Fotografen direkt am Wettkampfort belegten seine Meinung.
„Der Internationale Technische Offizielle, der ITO, hat diese Fotos als Beweismittel zugelassen. Das liegt in seinem Ermessen“, erklärte Siegfried Schonert, der als Teamchef des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) immer auf der Tribüne sitzt und für offizielle Proteste zuständig ist. Er sprach von einem „glücklichen Umstand“, so etwas habe er auch noch nicht erlebt. Denn Fernsehschirme haben die Kampfrichter in der Arena nicht.
Der ITO besprach sich mit den Kampfrichtern - und revidierte deren Entscheidung. In den Wettkampfregeln des Leichtathletik-Weltverbandes IAAF sind die Abläufe und Kompetenzen der Offiziellen festgelegt.
Bis dato hatte Ryan Whiting aus den USA mit 21,57 Metern geführt. Wäre Storls Siegesweite nicht gegeben worden, hätte der DLV Protest eingelegt. Darüber wird nach dem Wettkampf im sogenannten Technischen Informationszentrum des Stadions beraten. Dort lässt die Jury des Leichtathletik-Weltverbandes verschiedene Beweismittel zu, unter anderem Videos.
Bevor ein Protest formell eingereicht wird, können Offizielle der betroffenen Nation diese anschauen. Das taten im Fall Storl die Amerikaner auch - und verzichteten angesichts der eindeutigen Fernsehbilder auf einen Protest.
Im Gegensatz dazu wird beispielsweise nach Rempeleien auf der Laufbahn der Rennausgang von der Jury später revidiert, wenn ein Protest erfolgreich war. In diesem Fall wiederum kann ein Gegenprotest eingelegt werden. Das Prozedere kann sich manchmal über Stunden hinziehen. Das ist Storl in Moskau erspart geblieben.