Geoffrey Mutai: Mit Wut zur Wahnsinns-Zeit
New York (dpa) - Diese Gala war eine Genugtuung. Mit Wut im Bauch und scheinbar grenzenloser Ausdauer in den Beinen rannte Geoffrey Mutai zum Sieg in New York.
Der 30-jährige Kenianer pulverisierte bei seinem Marathon-Triumph in 2:05:06 Stunden die zehn Jahre alte Bestmarke des Äthiopiers Tesfaye Jifar um 2:37 Minuten und schickte mit seinem Fabellauf eine klare Botschaft an die Regelhüter des Welt-Leichtathletik-Verbandes IAAF.
„Ich habe gezeigt, dass ich auf diesem hohen Niveau laufen kann“, meinte Mutai. „Geoffrey Mutai zertrümmert Streckenrekord“, schrieb die „New York Daily News“. Bereits am 18. April hatte Mutai in Boston auf einer ähnlich hügeligen Strecke in grandiosen 2:03:02 Stunden gesiegt und war 57 Sekunden schneller als der damalige Weltrekord von Haile Gebrselassie (Äthiopien).
Doch das Streckenprofil verhinderte die Anerkennung der magischen Marke: Zum einen ist der älteste Städtemarathon der Welt kein Rundkurs. Somit kann, wie im April geschehen, Rückenwind das Rennen erleichtern. Zum anderen gibt es zwischen Start und Ziel ein Gefälle von 139,90 Metern - deutlich mehr als die von der IAAF zugelassenen maximal 42 Meter.
Statt Mutai wird dessen Landsmann Patrick Makau mittlerweile als Weltrekordler geführt. Er lief am 25. September auf dem Flachkurs in Berlin 2:03:38 Stunden. Doch es scheint nur eine Frage der Zeit zu sein, bis der schnellste Marathon-Mann der Welt auch offiziell den Weltrekord hält. „Ich habe das im Hinterkopf. Auf einem anderen Kurs kann ich es vielleicht schaffen“, meinte Mutai.
Bis zehn Kilometer vor dem Ziel bildete er mit sechs anderen Läufern, darunter sein Landsmann und London-Sieger Emmanuel Mutai sowie Titelverteidiger Gebre Gebremariam (Äthiopien), die Spitzengruppe. „Dann war es Zeit für mich, aufs Tempo zu drücken und mein eigenes Rennen zu laufen“, meinte der Sieger. Wochenlang hatte er sich im Westen Kenias auf den größten Marathon der Welt vorbereitet. Die IAAF-Entscheidung trieb ihn zusätzlich an. Er wollte zeigen, dass seine Boston-Zeit nicht nur auf den Rückenwind zurückzuführen war.
Als Mutai im Central Park den letzten Anstieg zur Ziellinie hinauflief, winkte er überglücklich in die jubelnde Menge - und verschenkte dadurch eine noch bessere Zeit. Dennoch dauerte es 1:22 Minuten ehe der Zweitplatzierte Emmanuel Mutai im Ziel war - seit 1992 hat niemand mehr den Klassiker mit einem so großen Vorsprung gewonnen. „So schnell zu laufen ist einfach unglaublich“, meinte 2009-Champion Meb Keflezighi (USA).
Mutai komplettierte mit dem Sieg ein grandioses Jahr der Kenianer. Mit London, Boston, Berlin, Chicago und New York haben die Stars aus der ostafrikanischen Läufernation die fünf bedeutendsten Marathons der Welt gewonnen, dabei jeweils neue Streckenrekorde und in Berlin sogar einen neuen Weltrekord aufgestellt. Somit scheint bei den Sommerspielen in London ein Medaillen-Hattrick möglich.
Unklar ist noch, wer das Edelmetall gewinnen soll. Weltmeister Abel Kirui und Weltrekordler Makau scheinen gesetzt. Das dritte Ticket wird noch vergeben. Der New York-Marathon galt als inoffizieller Olympia-Ausscheid. Geoffrey Mutai dürfte beste Eigenwerbung betrieben haben. „Wenn sie mich auswählen, bin ich gerne dabei.“