Hammerwurf im Abseits - Heidler: Fass übergelaufen
Stockholm (dpa) - Die Hammerwerfer fühlen sich als fünftes Rad am Wagen der Leichtathletik und Sportler zweiter Klasse. Auch bei der Team-Europameisterschaft in Stockholm stand die Disziplin im Abseits.
Als einziger der 41 Wettbewerbe wurde der Frauen-Hammerwurf vor der offiziellen Eröffnung ausgetragen. „Ob wir werfen oder nicht, interessiert niemanden“, schimpfte die deutsche Weltrekordlerin Betty Heidler, die mit 73,43 Meter siegte. „Wir trainieren genauso hart.“
Scharfe Kritik hatte auch ihre Vereinskameradin Kathrin Klaas auf ihrer Homepage über die stiefmütterliche Behandlung der Disziplin durch den Weltverband IAAF und die Meeting-Veranstalter geübt. Die IAAF hat den Hammerwurf aus der Diamond League verbannt und eigens eine IAAF Hammerwurf Challenge geschaffen. „Die Challenge entwickelt sich in ihrem zweiten Jahr mehr und mehr zu einer bloßen Farce“, klagte Klaas, die mit 75,48 Meter Dritte der Weltjahresbestenliste ist. „Was Kathrin gesagt hat, unterschreibe ich voll und ganz“, pflichtete Heidler ihr bei.
Dabei richtet sich die Kritik besonders gegen die sonderbare Terminplanung: Vier der sieben geplanten Wettkämpfe dieser IAAF-Serie waren bis Ende Mai angesetzt, zwei für Anfang Juli vorgesehen und das letzte Meeting Mitte September in Rieti. Damit aber nicht genug. Der für den 21. Mai geplante Wettkampf in Rio de Janeiro wurde eine Woche vorher um fünf Tage auf den 26. Mai verlegt. Der nächste Wettkampf der Hammer Challenge war jedoch schon für den 28. Mai in Dakar/Senegal fixiert.
„Es war unmöglich aufgrund von Zeitdifferenz und Flugangebot beide Wettkämpfe zu bestreiten. Rio und Dakar schlossen sich somit gegenseitig aus“, argumentierte Kathrin Klaas. Sie war am Zuckerhut und kehrte am 28. Mai nach Frankfurt zurück, musste am nächsten Tag aber wieder aufbrechen, um in Ostrava (30.5.) werfen zu können.
Mehr als alle anderen Benachteiligungen und Strapazen hat Klaas, Heidler und Co. jedoch entsetzt, dass der Hammerwurf für Frauen beim Challenge-Meeting am 9. Juni in Madrid ersatzlos gestrichen wurde. „Jetzt kocht es über. Das Fass ist mit Madrid übergelaufen“, sagte Betty Heidler entrüstet. Auf internationaler Ebene bemühe man sich, den Protest zu bündeln. An den Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) haben sie ihre Kritik schon herangetragen und um Hilfe gebeten.
„Ich verstehe die Kritik. Das sind Dinge, die für die Leistungsentwicklung nicht fruchtbar sind“, erklärte DLV-Sportdirektor Thomas Kurschilgen. „Wir sind als Verband verpflichtet auf die IAAF einzuwirken.“ Dabei könnte der DLV auch darauf hinweisen, dass ein Diamond-League-Gesamtsieger 40 000 US-Dollar erhält und der Gewinner der Hammer Challenge nur 30 000. „Warum? Ich kann da nicht unterscheiden“, sagte Betty Heidler.
„Es ist ein Schlag ins Gesicht eines jeden Hammerwerfers auf einem Abstellgleis weit entfernt von dem eigentlichen Schauplatz der Leichtathletik, der Diamond League, geparkt zu werden“, so Klaas. „Es scheint so, als ob die IAAF die Disziplin Hammerwurf als Ballast halbherzig mitschleift, weil sie zum leichtathletischen Programm gehört und man sie nicht einfach streichen kann.“