Hochspringerin Friedrich an Olympia-Norm gescheitert

Bochum (dpa) - Die deutschen Leichtathleten sind für die Europameisterschaften in Helsinki gerüstet, für einige Asse ist aus dem erhofften Warm-Up aber eine unterkühlte Generalprobe geworden.

So setzten Routiniers und junge Hoffnungen am ersten Tag der deutschen Meisterschaften in Bochum-Wattenscheid die Akzente. Hürdensprinterin Carolin Nytra konnte nach langer Leidenszeit endlich wieder einen Titel bejubeln.

Während Hochsprung-Ass Ariane Friedrich und Speerwurf-Weltmeister Matthias de Zordo beim Angriff auf die Olympia-Norm erneut scheiterten, trumpften viele Medaillenhoffnungen des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) groß auf. Über 100 Athleten werden den DLV in Finnland präsentieren, 58 Sportler haben bisher die Olympia-Norm für die London-Spiele (27. Juli bis 12. August) erfüllt. „Unsere Athleten haben schon vor den Meisterschaften eine exzellente Visitenkarte abgegeben“, sagte DLV-Sportdirektor Thomas Kurschilgen.

Hammerwurf-Weltrekordlerin Betty Heidler holte sich mit 73,65 Metern bereits ihren achten Titel in Serie, „Dauerläuferin“ Sabrina Mockenhaupt feierte über 5000 Meter (15:47,01 Minuten) gar ihre elfte Meisterschaft seit 2001. Auch Diskuswerferin Nadine Müller aus Halle/Saale (66,47 Meter) und Kugelstoßerin Nadine Kleinert (Magdeburg/19,18 Meter) wehrten alle Angriffe der Jugend ab. Stabhochspringerin Silke Spiegelburg (Leverkusen) gewann mit 4,70 Metern, dann scheiterte sie dreimal an der deutschen Rekordhöhe von 4,81 Metern.

Dennoch blieben Überraschungen im Lohrheidestadion nicht aus: Die rund 8000 Zuschauer applaudierten dem neuen Sprintkönig Lucas Jakubczyk vom SCC Berlin, der sich im 100-Meter-Fotofinish in 10,16 Sekunden vor dem zeitgleichen Leverkusener Aleixo Platini Menga durchsetzte - allerdings bei zu starkem Rückenwind von 2,7 Meter/Sekunde. Auch die 11,22 Sekunden der siegreichen Europameisterin Verena Sailer (Mannheim) wurden vom Winde verweht.

Die EM-Dritte Nytra (Mannheim) gewann die 100 Meter Hürden in 12,47 Sekunden; nach dem zehn Meter längeren Männerfinale jubelte der Leipziger Alexander John (13,52) über seinen ersten Coup. „Ich bin froh, dass es so gut gelaufen ist“, meinte Nytra. „Ich hoffe, dass ich eine ähnliche Leistung auch bei Olympia abrufen kann.“

Ariane Friedrich gewann im kühlen Nieselregen mit 1,86 Meter zwar ihren sechsten Freiluft-Titel, zur London-Norm fehlten ihr aber neun Zentimeter. „Mein Selbstbewusstsein ist nicht gebrochen, aber es macht mich einfach traurig“, sagte die EM-Dritte aus Frankfurt. „Ich werde versuchen, vor der Europameisterschaft noch einen Wettkampf zu machen. Wenn's geht irgendwo, wo es warm ist.“ De Zordo verspürte beim Einwerfen Schmerzen im linken Ellbogen und wollte nichts riskieren. „Das war eine Vorsichtmaßnahme“, sagte der Weltmeister aus Saarbrücken.

Elf Tage vor dem EM-Start am 27. Juni konnte Nadine Müller gleich zweimal jubeln. Die WM-Zweite aus Halle/Saale holte sich mit starken 66,47 Metern ihren vierten Titel in Serie. Eine halbe Stunde später bekam die 26-Jährige noch eine ganz besondere Urkunde überreicht: Die Polizeiobermeisterin wurde noch im Stadion von ihrem extra angereisten Dienstherren der Sportfördergruppe in Kienbaum zur „Beamtin auf Lebenszeit“ ernannt. Die Mannheimerin Shanice Craft knackte mit 62,92 Metern als vierte deutsche Diskuswerferin die Olympia-Norm.