Jung, schnell, lernfähig: DLV probt für Olympia

Daegu (dpa) - Der Deutsche Leichtathletik-Verband bereitet bei der WM eine neue Generation auf Olympia vor. Den Vorwurf fehlender Wettkampfhärte will sich keiner mehr machen lassen. „Küken“ Krause ist erst 19.

Sie sollen um ihr Leben rennen, dürfen auch mal hinfallen, müssen aber ganz schnell wieder aufstehen. Eine Weltmeisterschaft als Fortbildungsmaßnahme: Ein Jahr vor den Olympischen Spielen in London hat der Deutsche Leichtathletik-Verband in Daegu/Südkorea ungewöhnlich viele junge Sportler ins Feuer geschickt. Sprint- und Lauftalente wie Georg Fleischhauer und Gesa Felicitas Krause haben die Chance genutzt. „Fehler ermöglichen Entwicklungspotenziale“, erklärt Bundestrainer Idriss Gonschinska das „Projekt Track“.

Die jungen Sportler sollen sich nicht nur an die Abläufe bei der Massenveranstaltung gewöhnen, sondern vor allem die nötige Wettkampfhärte entwickeln und den Respekt vor der Gegnern verlieren. Der DLV hat in vielen Tempo-Disziplinen keinen Anschluss mehr an die absolute Weltspitze und setzt nun auf eine neue Generation. „In den letzten 15 Jahren hieß es immer, die Deutschen können nicht schnell sprinten“, sagt Gonschinska. „Ich glaube das nicht. Wir müssen erstmal daran glauben, dass wir das können.“

Über 100 Meter schaffte es die 20-jährige Yasmin Kwadwo (Wattenscheid) immerhin bis ins Halbfinale und meinte selbstbewusst: „Es können alle auf mich stolz sein, dass ich im Vorlauf meine Bestzeit gelaufen bin.“ Gesa Felicitas Krause, das deutsche „Küken“, rannte auf Anhieb in den Endlauf über 3000 Meter Hindernis. Die 19-jährige Abiturientin aus Frankfurt/Main stellte im Vorlauf mit 9:35,83 Sekunden einen deutschen Jugendrekord auf und erzählte danach mit strahlenden Augen: „Für mich ist das etwas unheimlich Besonderes. Die letzten Meter waren beflügelnd.“

25,5 Jahre ist der Altersdurchschnitt der deutschen Mannschaft. Von 71 Athleten sind gleich 38 Einzelstarter erstmals bei einer WM, zehn überhaupt zum ersten Mal im Nationalteam dabei. Der Dresdner Georg Fleischhauer (22) verbesserte bei seinem WM-Debüt in der Ausscheidungsrunde über 400 Meter Hürden seine persönliche Bestzeit von 49,50 gleich auf 48,72 Sekunden. So schnell war seit elf Jahren kein Deutscher mehr auf der einstigen Distanz von Harald Schmid.

„Wir sind im Track mit einer sehr jungen Mannschaft angetreten. Da gibt es die eine oder andere Überraschung, aber auch Rückschläge“, sagt Gonschinska. Lernen für die Zukunft - diesen Prozess kennt auch Nadine Müller. Bevor sich die Diskuswerferin in Daegu mit 25 Jahren als Vize-Weltmeisterin feiern lassen durfte, erlebte sie einige bittere Lektionen. So flog sie bei der EM 2010 in der Qualifikation raus.

An ihr können sich die jungen Olympia-Hoffnungen ein Beispiel nehmen. „Ein Jahr kann ausreichend sein, um aufzusteigen bis in den Medaillenbereich“, sagt der für die technischen Disziplinen zuständige Bundestrainer Herbert Czingon. Für die unerfahrenen Diskuswerfer Markus Münch (25) und Martin Wierig (24), die im Vorkampf scheiterten, „soll Nadine Vorbild sein im Hinblick auf die Olympischen Spiele.“

Den Youngsters soll auch in der größten Drucksituation kein psychologisches Hilfsprogramm aufgedrückt werden. „Ich bin da vielleicht altmodisch“, sagt Sportwissenschaftler Gonschinska (Leipzig). „Aber das allerbeste Mentaltraining ist gutes Training und die Vision, dass man es schaffen kann.“ Ohne großes Muffensausen und gut vorbereitet ging auch Jan Felix Knobel in den Zehnkampf - und glänzte bei seiner WM-Premiere als Achter. „Das macht Mut. Wir werden angreifen im nächsten Jahr“, kündigte der 22-Jährige an.