Kugelstoßer Schwanitz und Storl wollen WM-Titel
Peking (dpa) - Eine Frohnatur mit ansteckendem Lachen und ein cooler Typ können mit einem Titel-Double bei der Leichtathletik-WM in Peking Geschichte schreiben.
Die sächsischen Kugelstoßer Christina Schwanitz und David Storl treten als Topfavoriten in den Ring. Wenn beide am Wochenende Weltmeister werden, wäre das einmalig: Noch nie gewann ein Land bei einer WM zwei Kugelstoß-Titel.
„Ich habe die Saison meines Lebens gehabt und wünsche mir, dass ich ganz oben stehen kann und werde“, sagte die 29 Jahre alte gebürtige Dresdnerin vor ihrem WM-Auftakt. „Und ich werde mir ziemlich Mühe geben und tun, was ich kann.“
Die Vizeweltmeisterin von 2013 und Europameisterin von 2014 ist die größere Gold-Hoffnung. Sie führt die Weltjahresbestenliste klar mit 20,77 Metern vor der Chinesin Lijiao Gong an, die jedoch 43 Zentimeter weniger als die Deutsche stehen hat.
Allerdings behagt der Athletin vom LV 90 Erzgebirge die Rolle der Gejagten nicht. „Der Rucksack ist voll bepackt. 2013 in Moskau bin ich unbeschwerter gewesen, weil ich nur hoffte, Vierte oder Fünfte zu werden“, meinte Schwanitz. „Ich versuche, die Favoritenrolle anzunehmen.“ Falls der Coup gelingt, wäre sie die erste Kugelstoßerin, die unmittelbar nach dem EM-Titelgewinn auch WM-Gold holt. „Ich weiß nicht, ob mich das heißer macht. Es ist halt so.“
Ihr Trainingspartner David Storl könnte ebenfalls nicht nur den Titel, sondern auch ewigen Ruhm gewinnen, wenn er nach 2011 und 2013 zum dritten Mal Weltmeister würde. „Ich bin nicht so für Statistik und kein Fan von Spekulation“, brummte der 25-jährige Hüne zwei Tage vor seinem Auftritt am Sonntag. „Ich weiß aber: Das haben nicht so viele geschafft.“ Bisher gelang dies nur dem Schweizer Werner Günthör (1987/1991/1993) und John Godina aus den USA (1995/1997/2001).
Einfach wird es für Storl nicht, das Triple perfekt zu machen. Er übertraf zwar erstmals in diesem Jahr die 22-Meter-Marke (22,20), ist aber nach dem 22,56-Meter-Kracher des US-Amerikaners Joe Kovacs nicht Titelanwärter Nummer eins. „Ich werde versuchen, Feuer zu geben und im ersten Versuch einen vorzulegen“, erklärte er seine Taktik.
Dass der Leipziger einst von seinen US-Rivalen als „Baby Face“ verspottet wurde, ärgert den reifer gewordenen Bartträger noch heute. „Das Baby Face hat 2011 und 2013 schon alle geschlagen - und ich hoffe, dass das in diesem Jahr auch passiert“, sagte er etwas angefressen.
Natürlich möchte Storl die Kugel auch im „Vogelnest“-Stadion über 22 Meter stoßen. Doch „der Anspruch ist größer geworden“, sagte er. „Man ärgert sich über Trainingseinheiten, bei denen man keine 22 Meter stößt und über Wettkämpfe, bei denen man davon deutlich entfernt ist. Ich musste akzeptieren, dass die 22,20 Meter erst einmal die Obergrenze sind.“
Eine Ende seiner Entwicklung sei er längst nicht. Selbst den 25 Jahre alten Weltrekord von Randy Barnes (USA/23,02 Meter), der 1998 des Dopings überführt wurde, hält er für erreichbar. „Ich würde nicht sagen, dass man sauber keine 23 Meter stoßen kann, aber das zu machen, ist ein Kunststück“, meinte Storl, der trotz einer Patellasehnen-Operation im vergangenen Jahr weiter mit Schmerzen kämpfen muss.
Nach der „suboptimal gelaufenen“ Knie-Operation im September 2014 stand dagegen die Karriere von Schwanitz sogar auf der Kippe. Erst die Behandlung mit einer radioaktiven Flüssigkeit half. „Das Knie strahlt immer noch“, scherzte die lebenslustige Athletin, die sich schon vorzeitig den Gesamterfolg in der Diamond League gesichert hat. Am Abend vor einem WM-Medaillenkampf trinkt sie immer ein Bier. „Ich gehe früh schlafen“, berichtete der ausgebuffte Storl über seine Gewohnheit vor einem Titelkampf. „Ich mache auch noch vor dem Finale Mittagsschlaf.“