Lauf-Hoffnung Gabius: „Treppchen wäre Wahnsinn!“

Helsinki (dpa) - Wenn nicht jetzt, wann dann? 18 Jahre nach dem Gold-Coup seines Lehrmeisters Dieter Baumann will Arne Gabius wieder eine EM-Medaille für die deutschen 5000-Meter-Läufer erobern.

Und das an der Stätte von Baumanns Triumph, im Olympiastadion von Helsinki, gleich im ersten EM-Finale am Mittwochabend. „Das Treppchen wäre Wahnsinn! Aber eine Medaille kriegt man nicht geschenkt. Die Konkurrenz ist sehr stark - die können alle laufen. Ich muss hellwach und im richtigen Moment da sein“, sagte der deutsche Meister aus Tübingen der Nachrichtenagentur dpa.

Mittwochabend schlägt seine Stunde. Um 19.40 Uhr Ortszeit wird es ernst für den 31 Jahre alten Spätstarter. Gabius wird im ersten Finale der EM sicher nicht der Letzte sein, er weiß aber auch: Diese Leichtathletik-Europameisterschaften sind vielleicht die letzte Medaillenchance seiner turbulenten Karriere. „Die Tagesform entscheidet. Es wird sicher ein taktisches Rennen“, meint der ehemalige Baumann-Schützling, der sich Ende Juli 2011 vom Olympiasieger trennte und sich seither selbst trainiert.

Für Gabius kommt die von vielen ungeliebte EM - fünf Wochen vor den Olympischen Spielen - goldrichtig. In der europäischen Saisonbestenliste ist der Tübinger mit 13:13,43 Minuten immerhin die Nr. 2 hinter dem Briten Mo Farah (12:56,98); der haushohe Favorit will seinen Titel verteidigen. Doch in der weiten Welt zählt Gabius' Zeit nicht viel: Hinter zig Afrikanern ist der Deutsche derzeit nur die Nummer 36. Egal, jetzt zählt nur Helsinki. „Mo Farah ist der Favorit. Und ich weiß nicht genau, welche Spanier am Start stehen, die können auf der Schlussrunde immer gut sprinten“, erklärt Gabius.

Vielleicht gelingt dem Arzt und Vegetarier sogar die Riesen- Überraschung - wie vor sechs Jahren dem Kollegen Jan Fitschen, der sich in Göteborg EM-Gold über 10 000 Meter holte. „Langlauf in Deutschland wird immer totgesagt. Aber der Lauf lebt!“, betont der Spätstarter, der diesmal als Erster ran muss. „Das finde ich gut, Druck verspüre ich da nicht. Sonst waren die 5000 Meter immer zum Schluss dran.“

Große Medaillensammler waren die deutschen Langlauf-Asse über 5000 bei bisher 20 Europameisterschaften nicht gerade: Gold holten Thomas Wessinghage (1982) und Dieter Baumann (1994); dazu kamen fünf weitere EM-Plaketten für Läufer aus Ost und West. Mit dem Rückenwind einer starken Hallensaison und der Olympia-Norm für London in der Tasche ist Gabius am Montag nach Helsinki gedüst. Dort ist die Konkurrenz hinter Top-Favorit Farah zumindest überschaubar, in London hat er gegen die afrikanische Übermacht keine Chance.

Eine internationale Medaille fehlt dem deutschen Serienmeister noch, das soll sich am Mittwoch ändern. „Ich habe gesehen, dass ich Talent habe. Und es wäre doch schlimm, wenn man es vergeudet“, versichert Gabius. Aus Zürich erhielt er sogar eine Einladung für das Weltklasse-Meeting: „Das ist ein Ritterschlag. Da laufen über 5000 Meter nur zwölf Leute.“ Alter schützt nicht vor Erfolg. Gabius: „Mit 30 fängt das Läuferleben doch erst an.“