Lob nach Silber: Knoten bei Moguenara „endlich geplatzt“
Prag (dpa) - Als Silber endlich sicher war, hatte Weitspringerin Sosthene Moguenara noch Kraft für einen zünftigen Sprint. Diesmal waren es aber nicht die exakt 36,15 Meter Anlauf bis zum Balken vor der Sandgrube - an der Bande der O2-Arena fiel sie ihrem Trainer Ulrich Knapp um den Hals.
Ein stiller Dank, ein bewegendes Bild. „Ihm habe ich alles zu verdanken“, sagt die 25 Jahre alte Leichtathletin kurz nach dem größten Erfolg ihrer Karriere. „Er hatte so viel Geduld mit mir, hat so viel Zeit und Kraft investiert“, erklärte die Athletin vom TV Wattenscheid nach dem Finale der Hallen-EM in Prag.
Mit einem Gläschen Wein stieß das erfolgreiche Duo noch am Samstagabend auf die Silbermedaille an. „Überglücklich“ fühlte sich Moguenara, „gerührt“ war Coach Knapp vom Lob der Athletin, die seit zwei Jahren bei ihm in Saarbrücken trainiert. „Wir haben den Anlauf und die Technik verändert. Wir haben den ganzen Lebensrhythmus von Sosthene umgestellt. Das hat sich ausgezahlt“, sagt der 55-Jährige.
Knapp ist offenbar auch ein guter Psychologe. „Man kann bei Sosthene die Leine nicht immer voll anziehen. Man muss ein feines Händchen haben und ihr Luft lassen“, erklärt der Trainer. „Ich bin froh, dass sie jetzt eine so professionelle Athletin ist.“
„Ich bin überglücklich, dass der Knoten endlich geplatzt ist. Als ich die 6,83 auf der Anzeigetafel gesehen habe, da dachte ich: perfekt“, sagte Moguenara. „Danach habe ich nur noch gewartet und gezittert.“ Doch Silber konnte ihr keine mehr streitig machen, auf dem Siegerpodest küsste sie ihre Medaille. Nach zehn Jahren hatte eine deutsche Weitspringerin wieder Edelmetall bei einer Hallen-EM erobert. Zuletzt war das Bianca Kappler 2005 in Madrid gelungen.
Mit 25 Jahren hat Sosthene Moguenara schon ein bewegtes Leben hinter sich - nicht nur im Sport. Am 17. Oktober 1989 wurde sie in Sarh geboren, im Tschad, einem der ärmsten Länder der Welt. Als Neunjährige wollte sie zwei Monate bei ihrer Tante in Essen verbringen - daraus wurden Jahre. Die Tante adoptierte sie, ihre leibliche Mutter sah sie 2001 zum letzten Mal. In Deutschland wurde sie dann eingeschult, die Bundesjugendspiele waren praktisch der „Schnupperkurs“ für die künftige Leichtathletin.
Für die harte Arbeit mit ihren Trainern André Ernst und Uli Knapp fühlt sie sich nun belohnt. „Man trainiert und trainiert, macht Wettkämpfe - und nie kommt das raus, was man sich erhofft und was man eigentlich kann. Das macht einen innerlich fertig“, gesteht die 7,04-Meter-Springerin nach dem Wettkampf.
Fast wäre sie an ihre persönliche Bestleistung vom August 2013 herangekommen. Doch beim Silbersprung verschenkte die Sportsoldatin am Balken gleich 16 Zentimeter. Macht 6,99 Meter - das wäre Gold gewesen. Denn die Serbin Ivana Spanovic sicherte sich den Titel mit 6,98. Vielleicht kommt es schon Ende August bei der WM in Peking zur Revanche. Dies war für Moguenara an ihrem silbernen Samstag aber kein Thema: „Über den Sommer denke ich noch nicht nach. Ich will den Moment jetzt einfach nur genießen.“