Obergfölls Familienplanung: „Ich brauche mal eine Auszeit“
Moskau (dpa) - Christina Obergföll hat mit der tschechischen Weltrekordlerin und zweimaligen Olympiasiegerin Barbora Spotakova schon ein paar E-Mails ausgetauscht. Wie das denn so ist, wenn man ein Baby bekommen hat und wieder mit dem Leistungssport anfängt?
Moskau (dpa) - Christina Obergföll hat mit der tschechischen Weltrekordlerin und zweimaligen Olympiasiegerin Barbora Spotakova schon ein paar E-Mails ausgetauscht. Wie das denn so ist, wenn man ein Baby bekommen hat und wieder mit dem Leistungssport anfängt?
„Ganz schön anstrengend. Manchmal bringt es einen an den Rand des Wahnsinns“, hat die Tschechin ihrer alten Rivalin und der neuen Speerwurf-Weltmeisterin geschrieben. Nach der ersten Goldmedaille ihrer Karriere geht es bei Obergföll und ihrem Trainer und künftigen Ehemann Boris Henry jetzt an die Familienplanung.
Ankündigungen wie die von Stabhochsprung-Star Jelena Issinbajewa („Neun Monate ein Baby im Bauch, dann noch mal neun Monate stillen - das macht 18 Monate. Also kann ich in Rio dabei sein“) machte die 31-jährige Offenburgerin nicht. „Das hat man ja alles nicht so in der Hand, so was kann man nicht trainieren“, sagte sie und musste lachen: „Nicht planen.“
Nachdem ihr Traum vom ersten internationalen Titel am Sonntagabend in Moskau endlich wahrgeworden war, nach vielen Anläufen und insgesamt fünf Silbermedaillen bei großen Meisterschaften, musste Obergföll erstmal ihre ganzen Emotionen verarbeiten.
„Ich brauch' auch mal irgendwann eine Auszeit, mental hatte ich immer großen Druck. Aber das kann ich nicht heute Abend entscheiden. Vor der WM habe ich gesagt, wenn ich scheiße werfe, dann steig' ich auf jeden Fall ein Jahr aus. Jetzt ist alles gut geworden“, sagte sie nach ihrem 69,05-Meter-Wurf und der bewegenden Siegerehrung am Sonntagabend im Luschniki-Stadion.
Am 21. September heiratet Obergföll im kleinen Kreis ihren Boris. Im Trainingslager vor den Olympischen Spielen 2008 in Peking hatten sich die beiden kennengelernt. Im vergangenen November machte der 39-Jährige ihr im Urlaub in Thailand „bei Sonnenuntergang“ einen Heiratsantrag. Nach der Hochzeit ziehen die beiden in das Haus bei Offenburg, das sie gekauft haben. Nachdem seine Freundin bei der WM triumphiert hat und damit eine Wette gewonnen hat, muss Henry ihren Namen annehmen. „„Boris Obergföll, da kann man sich schon mal dran gewöhnen“, sagte der zweimalige WM-Dritte im Speerwerfen.
Henry ist auch Bundestrainer der Männer und seit einiger Zeit Techniktrainer seiner künftigen Ehegattin, deren langjähriger Coach Werner Daniels sich noch um die Planung und das Athletiktraining kümmert. „Wir reden zu Hause nicht über Speerwerfen“, erklärte Henry erstaunlicherweise und betonte: „Es ist nicht so, dass ich gekommen bin und ihr das Speerwerfen beigebracht habe.“
Im neuen Heim ist auch kein Kraftraum geplant und schon gar nicht, wo das viele Edelmetall der beiden hinkommt. „Ich bin nicht so der Typ, der die ganze Bude voll mit Medaillen hängt“, meinte Obergföll. Ob nächstes Jahr in Zürich bei der Europameisterschaft noch eine dazu kommt? Die Weltmeisterin ist ein Fan des Diamond-League-Meetings in Zürich, hat dort immer gut geworfen und der Letzigrund ist - nur unweit ihrer badischen Heimat - so etwas wie ihr Heimstadion. Deshalb würde sie ungern auf die EM verzichten - einerseits.
Andererseits wäre eine Auszeit zwischen den beiden Weltmeisterschaften von Moskau und in zwei Jahren in Peking ideal. Als Titelverteidigerin bekäme sie dort sogar eine Wildcard. „Wenn ich eine Babypause mache, brauche ich auf jeden Fall ein Jahr, bis ich wieder in Form bin“, sagte sie am Sonntagabend. „Aber sicher werde ich in Rio de Janeiro 2016 dabei sein.“