Leichtathletik-WM in London Speer-Asse um Vetter bereit für Coup - Van Niekerk verliert
London (dpa) - Gleich mal über 90 Meter! Ganz locker hat Speerwurf-Ass Johannes Vetter bei der Leichtathletik-WM die Qualifikation gemeistert und seine Titelansprüche untermauert. Olympiasieger Thomas Röhler aus Jena lieferte in London mit 83,87 Metern das Pflichtprogramm ab.
Der 24-jährige Vetter aus Offenburg kam mit seinem ersten Versuch auf 91,20 Meter - so weit warf noch keiner in einer Qualifikation. Auch der Mannheimer Andreas Hofmann kämpft am Samstag um eine Medaille.
Der Südafrikaner Wayde van Niekerk verpasste am Donnerstagabend das angestrebte Gold-Double über 200 und 400 Meter und musste sich über die halbe Stadionrunde überraschend Ramil Guliyew geschlagen geben. Der Vize-Europameister und gebürtige Aserbaidschaner war in 20,09 Sekunden zwei Hundertstelsekunden schneller und durfte sich als erster männlicher Leichtathletik-Weltmeister der Türkei feiern lassen.
Isaac Makwala landete abgeschlagen auf Platz sechs. Der Sprinter aus Botswana hatte in den vergangenen Tagen für Schlagzeilen gesorgt und lief mit Wut im Bauch. Der Weltverband IAAF hatte ihm wegen einer ansteckenden Magen-Darm-Erkrankung erst die Teilnahme am Vorlauf verweigert, ihm dann aber doch ein Solo-Rennen gegen die Uhr gestattet.
Ein Doppelsieg über 200 und 400 Meter, wie ihn van Niekerk angepeilt hatte, war zuletzt US-Legende Michael Johnson geglückt: bei der WM 1995 in Göteborg und bei den Olympischen Spielen 1996 in Atlanta. Superstar Usain Bolt hat bei seiner letzten WM auf einen Start auf seiner Lieblingsstrecke verzichtet.
„Ich kann nicht mit 80 Prozent in eine Qualifikation gehen. Ich hatte keinerlei Taktik, ich habe einfach alles gegeben“, sagte Vetter nach seinem großen Wurf. Der Olympia-Vierte hatte am 11. Juli in Luzern mit 94,44 Metern einen deutschen Rekord aufgestellt und führt damit die Weltbestenliste 2017 an.
Der Tscheche Petr Frydych kam dem deutschen Meister mit 86,22 Metern noch am nächsten. „Samstag ist der wichtige Wettkampf. Die 91,20 zählen dann gar nichts mehr“, betonte Vetters Trainer Boris Obergföll. Auch Hofmann als dritter deutscher Medaillenkandidat, überzeugte mit 85,62 Meter. „Ich war mit dem Einwerfen schon zufrieden. Da war klar: Die Nummer läuft heute. Jetzt sind wir zu dritt im Finale“, sagte Röhler.
Die Dreispringer lieferten dem Publikum eine tolle Show - am Ende flog Titelverteidiger und Olympiasieger Christian Taylor mal wieder am weitesten: Mit 17,68 Metern holte er sein drittes WM-Gold und überflügelte dabei seinen Landsmann Will Claye nur um fünf Zentimeter. Europameister Max Heß aus Chemnitz hatte sich beim Aufwärmen für die Qualifikation verletzt.
Wie das Trio um Vetter bewies auch Marie-Laurence Jungfleisch gute Nerven. Die 26-jährige Hochspringerin vom VfB Stuttgart überstand mit 1,92 Metern im dritten Versuch die Ausscheidung. „Es war knapp, ich habe mich gefreut, dass die Latte im dritten Versuch oben geblieben ist“, sagte sie. Klare Favoritin ist eine Russin, die unter neutraler Flagge startet: Titelverteidigerin Maria Lasizkene (vorher Kutschina).
Hingegen schied Alina Reh über 5000 Meter im Vorlauf aus. Das 20 Jahre alte Talent aus Ulm kam als Neunte ihres Rennen in 15:01,01 Minuten ins Ziel - aber auch diese persönliche Bestzeit reichte nicht. Dafür steht Christina Hering aus München, die vom Deutschen Leichtathletik-Verband erst nachnominiert worden war, im Halbfinale über 800 Meter. Timo Benitz von der LG Nordschwarzwald und Homiyu Tesfaye aus Frankfurt/Main schafften es über 1500 Meter ebenfalls in die nächste Runde.
Derweil hat sich die Lage nach den Ausbrüchen von Magen-Darm-Erkrankungen im WM-Teamhotel der deutschen Leichtathleten etwas entspannt. „Im Moment haben wir keinen neuen Fall“, sagte Mannschaftsarzt Andrew Lichtenthal der Deutschen Presse-Agentur. Nur noch ein Sportler sei wegen der Ansteckungsgefahr in der 48-Stunden-Quarantäne. Etwa 40 Menschen sind derzeit bei der WM von betroffen, drei von ihnen hätten sich mit dem Norovirus angesteckt. Das teilte die Gesundheitsbehörde Public Health England (PHE) mit.