Spiegelburg glänzt mit deutschem Rekord

Monte Carlo (dpa) - Silke Spiegelburg sprang wie von der Tarantel gestochen von der Matte auf, schrie ihre Freude hinaus und wusste gar nicht, wohin mit ihren ganzen Emotionen. Ausgerechnet bei der Olympia-Generalprobe hat die Stabhochspringerin aus Leverkusen einen deutschen Rekord aufgestellt.

„Für mich war es erstmal wichtig, die 4,80 zu springen. Seit drei Jahren habe ich darauf gewartet. Der Rekord war dann das i-Tüpfelchen“, sagte sie nach ihrem 4,82-Meter-Coup in Monaco der Nachrichtenagentur dpa. „Endlich ist der Knoten geplatzt.“

Bei dem letzten Diamond-League-Meeting vor den Sommerspielen stand Spiegelburg mit übersprungenen 4,70 Meter schon als Siegerin fest, als sie im zweiten Anlauf auch die 4,82 nahm. Damit stellte die 26-Jährige nicht nur eine Weltjahresbestleistung auf, sondern düpierte das komplette Klassefeld. So erlitt Jelena Issinbajewa an ihrem langjährigen Wohnort ein Debakel: Die 30 Jahre alte Russin, die in London ihr drittes Olympia-Gold nach 2004 und 2008 anstrebt, scheiterte dreimal an ihrer Anfangshöhe von 4,70.

Spiegelburg besiegte unter anderen auch Weltmeisterin Fabiana Murer aus Brasilien - und Martina Strutz. Die Neubrandenburgerin hatte bei ihrem Silbermedaillengewinn bei der WM 2011 in Daegu/Südkorea mit 4,80 Metern den bis Freitag geltenden deutschen Rekord aufgestellt. Im Fürstentum musste sie nicht nur zuschauen, wie ihr Spiegelburg die Bestmarke entriss, sondern enttäuschte selbst als Siebte mit 4,54.

Vor drei Wochen kauerte Spiegelburg noch enttäuscht auf der Matte: Nur Vierte war sie bei der EM in Helsinki geworden - wieder einmal. Bei der Heim-WM 2009 in Berlin vergoss sie sogar Tränen: Mit 4,65 Meter überwand sie damals die gleiche Höhe wie die beiden Zweitplatzierten Monika Pyrek (Polen) und Chelsea Johnson (USA), brauchte aber einen Versuch mehr und verpasste so eine Medaille.

Bei den Hallen-Europameisterschaften 2009 und 2011 und bei der Freiluft-EM 2010 gewann sie jedoch Silber. Nach einem bitteren neunten Rang bei der WM im vergangenen Jahr hat sich Spiegelburg nun mit dem 4,82-Meter-Satz mächtig Respekt verschafft im Hinblick auf London. „Ich habe gemerkt, dass ich den Stab sehr gut belastet habe, als es nach oben ging“, erzählte sie am Samstag immer noch aufgewühlt und lachte: „Als ich auf der Matte aufkam, bin ich gleich wieder hochgesprungen.“

Bei ihrer Jubelrunde schaute die deutsche Meisterin erstmal hektisch die Laufbahn rauf und runter, weil sie noch in Erinnerung hatte, dass die 3000-Meter-Hindernisläufer unterwegs sind. „Ich wusste nicht mehr: Wo ist hier wo, wie, was?“

Der Stabhochsprung bei Olympia verspricht nun eine ganz spannende Angelegenheit zu werden: Bis zum Freitag führte Murer die internationale Bestenliste mit 4,77 an. Issinbajewa war nach ihrem EM-Verzicht erst vor zwei Wochen mit zwei Zentimetern weniger im französischen Sotteville-lès-Rouen in die Saison eingestiegen und wirkte nach ihrem „Salto nullo“ in Monte Carlo ratlos. Die beste Stabhochspringerin der Geschichte mit 28 Weltrekorden hatte kürzlich angekündigt, ihre Karriere nach der Heim-WM 2013 in Moskau definitiv zu beenden.

„In London will ich das Finale erreichen und dann versuchen, alles zu geben“, meinte Spiegelburg nach ihrem Karrieresprung und verbot sich selbst große Ankündigungen: „Mein größtes Ziel, das will ich nicht sagen.“ Gut möglich, dass sie jetzt vom Olympiasieg träumt.