Storls Gold-Coup mit der Kugel - 200-Meter-Drama

Moskau (dpa) - Was für ein Kraftakt! Kugelstoßer David Storl hat in Moskau seinen Weltmeistertitel von Daegu 2011 mit der Superweite von 21,73 Meter verteidigt und den deutschen Leichtathleten das dritte Gold beschert.

Der erst 23 Jahre alte Chemnitzer gewann am Freitagabend im Luschniki-Stadion in einem packenden Wettkampf. Der Olympia-Zweite steigerte seine Saisonbestleistung dabei gleich um 69 Zentimeter. „Das war alles auf Angriff geschaltet“, kommentierte er seinen Triumph. Vor dem Abschlusswochenende der Titelkämpfe hat das 66-köpfige DLV-Team nun bereits dreimal Gold durch Storl, Stabhochspringer Raphael Holzdeppe und Diskuswerfer Robert Harting errungen. Dazu gab es zweimal Silber und einmal Bronze.

Storl ballte nach seinem vierten Stoß jubelnd die Faust, doch die Kampfrichter werteten den Versuch zunächst als ungültig. Nach einigen Diskussionen wurde die Weite doch anerkannt. Damit übertrumpfte das Ausnahmetalent die 21,57 Meter des Amerikaners Ryan Whiting. Bronze ging an den Kanadier Dylan Armstrong mit 21,34. Storl zeigte dann noch einmal seine gewaltigen Muskeln, schnappte sich einen schwarz-rot-goldenen Zylinder und ging mit der Nationalfahne auf die Ehrenrunde.

„Ich konnte es erst gar nicht glauben“, sagte Storl im ARD-Interview zu den Debatten um seine Siegesweite. Es habe für die Kampfrichter so ausgesehen, als ob er mit dem linken Fuß auf dem Balken gewesen sei, aber dem sei nicht so. „Ich wusste genau, dass der nicht ungültig war. Ein bisschen Gefühl habe ich auch im linken Fuß, es ist ja nicht so, dass ich da taub bin.“ Storl bedankte sich bei dem Fotografen, der gleich die Beweisbilder parat hatte.

Nur fünf Zentimeter fehlten Weitspringer Christian Reif zu Bronze. Der Ex-Europameister aus Rehlingen wurde mit 8,22 Metern Sechster. „Das war knapp, da war mehr drin. Dass da eine gewisse Enttäuschung da ist, kann wohl jeder verstehen. Das war ein unglaublich hochkarätiger Wettkampf“, meinte er. Der Russe Alexander Menkow flog in der Sandgrube auf die Weltjahresbestweite von 8,56 Meter hinaus und lag damit weit vorn. Zweiter wurde der Niederländer Ignisious Gaisah mit 8,29 Metern vor dem Spanier Luis Rivera (8,27). Europameister Sebastian Bayer aus Hamburg, zuletzt von Blessuren geplagt, kam nur auf Rang neun.

Das russische Publikum feierte neben Menkow auch lautstark das WM-Gold von Olympiasiegerin Tatjana Lisenko im Hammerwerfen. Sie verteidigte ihren Titel mit der Weltjahresbestleistung von 78,80 Metern. Weltrekordlerin Betty Heidler aus Frankfurt/Main war nach ihrem bitteren Aus in der Qualifikation bei der Medaillenvergabe nicht mehr dabei.

Superstar Usain Bolt ist derweil auf dem besten Weg zu seinem zweiten Triumph dieser Titelkämpfe. Der Weltrekordhalter siegte in seinem Halbfinallauf in 20,12 Sekunden und ist nun der große Favorit im Finale an diesem Samstag um 18.10 Uhr deutscher Zeit. Sollte der sechsfache Olympiasieger am Sonntag auch noch mit der jamaikanischen 4 x 100-Meter-Staffel allen davonrennen, würde er Carl Lewis mit insgesamt acht Goldmedaillen als erfolgreichsten Athleten der WM-Geschichte ablösen.

Seinen zweiten Titel bereits gewonnen hat Langstreckenläufer Mo Farah. Sechs Tage nach seinem Sieg über 10 000 Meter setzte sich der britische Olympia-Held von London auch über 5000 Meter durch. In 13:26,98 Minuten rannte der 30-Jährige als Erster durchs Ziel.

100-Meter-Weltmeisterin Shelly-Ann Fraser-Pryce gewann auch über 200 Metern in 22,17 Sekunden. Olympiasiegerin Allyson Felix aus den USA schied bereits in der Kurve mit einer Oberschenkelverletzung aus und musste anschließend von Betreuern aus dem Stadion getragen werden. Die 27-Jährige hätte im Falle eines Sieges ihre insgesamt neunte Goldmedaille bei einer Weltmeisterschaft gewonnen und wäre damit zur erfolgreichsten Athletin der WM-Geschichte aufgestiegen.

Bei der international in diesem Jahr noch ungeschlagenen Speerwerferin Christina Obergföll haben die Titelhoffnungen in der Qualifikation einen ersten Dämpfer erhalten. Die Olympia-Zweite aus Offenburg warf mit 62,36 fast sieben Meter weniger als die russische Weltmeisterin Maria Abakumowa (69,09). „Quali ist Quali! Für mich galt es, über die Linie zu werfen. Alles andere spielt keine Rolle“, sagte die Offenburgerin. Nach fünfmal Silber bei internationalen Meisterschaften will die 31-Jährige endlich ganz oben auf dem Treppchen stehen.