Tragödie um Marathon-Olympiasieger Sammy Wanjiru
Nairobi (dpa) - Mit seinem tödlichen Sturz vom Balkon hat Marathon-Olympiasieger Samuel Wanjiru die Leichtathletik-Welt erschüttert. Ob der 24-jährige Kenianer nach einem Ehestreit freiwillig sein Leben beendete oder seine Frau verfolgen wollte, war nach widersprüchlichen Aussagen zunächst offen.
„Tatsache ist, dass Wanjiru Selbstmord begangen hat“, sagte der nationale Polizeisprecher Eric Kiraithe nach der Tragödie in Nyandarua, 150 Kilometer nordwestlich von Nairobi. Jasper Ombati, der örtliche Polizeichef von Nyahururu, sprach dagegen von einem „unglücklichen Sturz“. Es sei noch nicht klar, ob es ein Suizid sei oder ob Wanjiru aus Wut gesprungen sei, erklärte Ombati. Wanjirus Gattin Trizah Njeri war örtlichen Medien zufolge überraschend nach Hause gekommen und soll ihn mit einer anderen Frau angetroffen haben. Ersten Ermittlungen zufolge schloss sie das Paar im Schlafzimmer ein, bevor es zu der Tragödie kam.
Der nur 1,63 Meter große und 52 Kilogramm schwere Läufer war auf der Straße ein unglaubliches Kämpferherz, im Privatleben aber schon länger ins Trudeln geraten. Sein Manager Federico Rosa ist jedoch „zu hundert Prozent sicher“, dass es sich um einen „furchtbaren Unfall“ handelt. Rosa sagte dem britischen Sender BBC, bei einem Telefonat am Wochenende habe Wanjiru sehr fokussiert gewirkt.
Die Nachricht vom Tod des Läufer-Idols verbreitete sich in der Kleinstadt wie ein Lauffeuer. Am Montagmorgen versammelte sich eine große Menschenmenge vor dem von der Polizei abgesperrten Wohnhaus Wanjirus und vor dem Krankenhaus, in dem der Sportler seinen schweren Verletzungen erlegen war. Kenias Ministerpräsident Raila Odinga sprach von einem Verlust „für die weltweite Sportgemeinschaft“. Kenia habe für die Sommerspiele 2012 in London auf Wanjiru gehofft. „Sein Tod ist ein Schlag für unsere Träume.“
Am 24. August 2008 hatte Wanjiru im „Vogelnest“ von Peking seinen größten Triumph gefeiert und war dabei in 2:06:32 Stunden über die 42,195 Kilometer so schnell wie niemand zuvor bei großen Meisterschaften gewesen. Als er seinem Heimatland das so ersehnte erste Olympia-Gold im Marathon beschert hatte, bekreuzigte er sich und fiel hinter der Ziellinie auf die Knie. „Das ist Geschichte für Kenia“, meinte er damals und war fortan ein Volksheld in dem ostafrikanischen Land, das so viele großartige Ausdauersportler hervorgebracht hat.
Marathon-Weltrekordler Haile Gebrselassie zeigte sich „total schockiert“ über den Tod seines Konkurrenten. „Meine Gedanken sind bei seiner Familie und allen seinen Freunden und Kollegen“, sagte der Äthiopier. „Natürlich fragt man sich, ob wir als Leichtathletik-Familie die Tragödie hätten verhindern können.“ Auch Ex-Weltrekordler Paul Tergat und der Leichtathletik-Weltverband IAAF äußerten sich tief betroffen.
Privat hatte Wanjiru, der aus einer Bauernfamilie stammt und längst zum Millionär aufgestiegen war, seit längerem große Probleme. Nach einem heftigen Ehestreit im Dezember 2010 sollte er sich zunächst wegen Morddrohungen verantworten. Seine Ehefrau zog dann aber ebenso wie ein von Wanjiru verletzter Wachmann eine Anzeige zurück. Wanjiru hatte bei dem Streit zu einer Kalaschnikow gegriffen und sollte am Montag kommender Woche wegen illegalen Waffenbesitzes vor Gericht erscheinen. Seine Ehefrau bestritt Berichte über eine Versöhnung und erklärte, sie habe die Scheidung eingereicht.
Im Januar verletzte sich Wanjiru bei einem schweren Autounfall an der Hand, beim London-Marathon vor vier Wochen fehlte er wegen einer Knieverletzung. In der Olympia-Stadt hatte der Läufer vom Stamm der Kukuyu bei seinem Sieg 2009 in 2:05:10 Stunden seine Bestzeit aufgestellt. Um seine Karriere voranzutreiben, war der Kenianer als 15-Jähriger nach Japan gezogen, weil ihm ein japanischer Sponsor die Schulausbildung bezahlte. Dort machte er 2005 den High-School-Abschluss.