WM-Test bei Regen: Heidler und Obergföll stark

Kassel (dpa) - Mit einem Kraftakt im Regen hat Betty Heidler den deutschen Leichtathleten den Weg zu erfolgreichen Weltmeisterschaften in Daegu aufgezeigt.

Die Hammerwurf-Weltrekordlerin glänzte in Kassel auch bei Wind und Wetter mit der Siegesweite von 76,04 Metern ebenso wie Speer-Ass Christina Obergföll mit 68,86. Bei den 111. nationalen Titelkämpfen ragten noch Weitsprung-„Sorgenkind“ Sebastian Bayer, Stabartistin Martina Strutz, Diskus-Dame Nadine Müller und Weltmeister Robert Harting heraus. Bei elf Grad am Sonntag kamen viele Athleten allerdings nicht auf Betriebstemperatur.

Obergföll setzte einen fulminanten Schlusspunkt vor 15 000 Zuschauern im Auestadion: Die Offenburgerin reagierte mit ihrem Erfolg auf die 69,45 der tschechischen Weltrekordlerin Barbora Spotakova vom 22. Juli in Monaco - so weit hat noch nie eine deutsche Meisterin geworfen. Obergföll darf nun auf ihren ersten internationalen Titel hoffen.

Der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) wird am 26. Juli sein Team für die WM (27. August bis 4. September) bekanntgeben. Sportdirektor Thomas Kurschilgen rechnet mit „über 60“ Sportlern. Viele neue Kandidaten drängten sich im Auestadion bei widrigen Bedingungen nicht auf. Bis zum 14. August darf sich beispielsweise die verletzte Hürdensprinterin Carolin Nytra noch Hoffnungen auf eine Nachnominierung machen. Vier Tage später fliegt die erste Gruppe nach Seogwipo ins südkoreanische Ferienparadies Jeju-Island, um dort Zeit- und Klimaanpassung und den letzten Feinschliff vorzunehmen.

DLV-Präsident Clemens Prokop ist optimistisch, das Erfolgsergebnis der WM 2009 in Berlin „zumindest zu bestätigen“. Damals hatte der Gastgeber neun Medaillen geholt. Heißeste Titelkandidatin ist derzeit Betty Heidler. Die Frankfurterin holte ihren siebten Titel in Serie mit einer Weite, die in diesem Jahr weltweit nur sie selbst übertroffen hat. „Die Chancen stehen gut auf zwei deutsche Medaillen“, sagte Heidler mit Blick auf Clubkollegin und Vize-Meisterin Kathrin Klaas. Für die Europameisterin heißt es nun bis Daegu: „Viel Krafttraining, hohe Umfänge, viel Schmerzen.“

Diskuswerferin Nadine Müller bewies mit ihrem zweiten Sieg binnen 48 Stunden ihre internationale Klasse: Überlegen siegte die 25-jährige WM-Sechste aus Halle mit 63,41 Meter, nachdem sie am Freitagabend in Monaco den zwölften Erfolg eines DLV-Athleten in diesem Jahr in der Diamond-League-Serie gefeiert hatte. „Die guten Weiten machen einen locker im Kopf“, meinte sie. Weltmeister Harting aus Berlin überzeugte im glitschigen Ring mit 65,72 Metern und feierte seinen fünften Titelgewinn seit 2007. Es war sein 15. Sieg in Serie. „Der Wind war tierisch stark und hat uns mindestens eineinhalb Meter gekostet“, klagte Harting.

Endgültig in eine Mitfavoritenrolle für die WM hat sich Martina Strutz katapultiert. Die Stabhochspringerin vom ESV Hagenow holte sich elf Tage nach ihrem deutschen Rekord (4,78 Meter) von Karlsruhe mit 4,65 erstmals den Freiluft-Titel und ist weiter die Nummer eins auf der Welt. „Ich bin zufrieden, weil ich gezeigt habe, dass der Rekord kein Ausreißer war“, sagte Strutz.

Bei den Männern setzte sich erwartungsgemäß Favorit Malte Mohr aus München mit 5,72 Meter durch. Im Hochsprung hüllte sich Raul Spank vor seiner erfolgreichen Titelverteidigung in einen schwarzen Bademantel: Mit 2,31 Meter siegte der Dresdener. Mitkonkurrent Eike Onnen aus Hannover stieg wegen Achillessehnenbeschwerden vorzeitig aus.

Hallen-Europameister und -Rekordler Sebastian Bayer sprang im letzten Versuch auf 8,17 Meter. Zur A-Norm für Daegu fehlen ihm noch drei Zentimeter, der Hamburger darf aber auf die Großzügigkeit des Verbandes hoffen - wenn sein angeschlagenes Knie hält. Bayer gewann damit auch das Duell gegen Christian Reif. Der Freiluft-Europameister aus Ludwigshafen enttäuschte mit 7,82 Meter, hat aber das WM-Ticket bereits in der Tasche.