Champion mit Köpfchen: Bradl Weltmeister mit Ansage

Valencia (dpa) - Rücktritt vom Leistungssport mit 17, Weltmeister mit 21 - widersprüchlicher kann eine Karriere kaum sein. Doch Stefan Bradl, der erste deutsche Motorrad-Weltmeister seit Dirk Raudies 1993, brauchte genau dieses Auf und Ab, um nun den Gipfel besteigen zu können.

Und so war er auch in der Stunde des Erfolges gefasster als alle anderen um ihn herum. Während am Samstag bei Bekanntwerden des Triumphes der Jubel ausbrach, huschte nur ein kurzes Lachen über das Gesicht des Zahlingers. Stefan Bradl ist eher ein stiller Weltmeister.

Medienarbeit oder gar große Sprüche sind eher nicht sein Ding. Da kommt Stefan Bradl ganz nach seinem Vater Helmut. Ihn wollte Stefan immer übertrumpfen, in der WM eines Tages einen Platz besser sein. Der WM-Zweite von 1991 freute sich nun über den Erfolg des Sohnes. „Das mache ich ganz tief drinnen mit mir aus. Ich werde keine Purzelbäume schlagen“, sagte der Senior, der wohl den größten Anteil am Erfolg hat. Denn er und seine Frau Gisela („Um Stefan habe ich mehr Angst als um Helmut damals“) waren es, die ihn zum Motorradfahren brachten und ihn ohne Wenn und Aber unterstützten. „Wir haben einiges durchgestanden in den vergangenen acht Jahren, darüber könnte ich ein Buch schreiben“, erzählte Helmut Bradl.

Besonders in Erinnerung bleibt der Rücktritt 2007. Damals wollte sich Stefan nicht dem strengen Regiment im spanischen Team von Alberto Puig unterwerfen. „Ich bin oft nächtelang nach Spanien mit dem Auto gefahren, um etwas zu richten. Das würde ich heute nicht mehr können“, bemerkte Helmut Bradl. Für Stefan aber war es ein wichtiger Teil seiner Karriere. „Spanien hat mich geprägt und viel Lebenserfahrung gebracht. Mein Vater hat deswegen viele Haare verloren und noch mehr graue bekommen. Aber ich bin sehr dankbar für diese Erziehung“, lobte der Sohn seine Eltern.

Dass er auf die Rennstrecken zurückkehrte und fortan erfolgreich war, verdankt er aber auch Insidern, die das Können des jungen Piloten erkannt hatten und ihn förderten. Mit dem Gewinn der Internationalen Spanischen Meisterschaft setzte der Erfolg ein. Der Wechsel in sein jetziges Viessmann-Kiefer-Racing-Team verschaffte ihm dann die Grundlagen, auf die er sein Talent setzen konnte. „Ein funktionierendes Team ist sehr wichtig. Das gepaart mit den Eigenschaften von Stefan, der fleißig und konzentriert ist, kämpfen gelernt hat, seinen Kopf einsetzt und Durchschlagskraft entwickelt, bringt den Erfolg“, sagte Dirk Raudies.

Diese Charakterzüge, dazu die Fröhlichkeit und Lebensfreude zeichnen die neue Generation deutscher Rennfahrer aus. Und so ist es nur logisch, dass Bradl nicht nur sich, sondern den gesamten Motorsport in der Stunde des Erfolges sieht. „Es ist wichtig, dass Deutschland nach so einer langen Durststrecke wieder einen Motorrad-Weltmeister hat. Und es ist eine große Ehre für mich, dass ich derjenige sein durfte, der diesen Titel holt. Sebastian Vettel Formel 1-Weltmeister und ich im Motorrad-Rennsport, das kann sich sehen lassen“, betonte Bradl.

Wohin die Reise des noch 21-Jährigen gehen wird, ist noch nicht absehbar. Toni Mang, der fünfmal Weltmeister wurde, traut dem Zahlinger zu, in seine Fußstapfen zu treten. Raudies glaubt, dass Bradl auch in der „Königsklasse“ MotoGP dank seines Fahrgefühls für große Maschinen mithalten kann. Ob es schon bald soweit ist, bleibt fraglich. Der bodenständige Typ Bradl ist auch treu. Nur bei einem unwiderstehlichen Angebot aus der MotoGP-Klasse würde er sein jetziges Team verlassen.