Gemischte Gefühle: Raudies gönnt Bradl Titel

Biberach (dpa) - Mit einem lachenden und einem weinenden Auge hat Dirk Raudies den Gewinn der Motorrad-Weltmeisterschaft durch Stefan Bradl aufgenommen. Am Fernseher im heimischen Biberach verfolgte der zuvor letzte deutsche Champion das Geschehen in Valencia.

„Es wurde höchste Zeit, dass unser Land wieder einen Motorrad-Weltmeister stellt. Gleichzeitig ist es aber etwas schade, denn es war doch angenehm, in Bezug auf Motorrad immer wieder genannt zu werden“, sagte der Titelträger von 1993 in der 125-Kubikzentimeter-Klasse der Nachrichtenagentur dpa.

Am Abend trank er ein Glas auf den neuen Weltmeister. „Aber auch auf mich. Ein wenig Wehmut ist schon dabei. Die ganzen Jahre war ich direkt an den Rennstrecken, auch als Fernseh-Co-Kommentator. Da hatten wir wenig Grund, deutsche Erfolge zu feiern. Und jetzt muss ich mir die Sternstunde von daheim ansehen“, sagte Raudies.

Seit Saisonbeginn habe er geahnt, dass sein Alleinstellungsmerkmal in diesem Jahr verloren gehen könnte. „Das waren schon besondere Leistungen in der ersten Saisonhälfte. Stefan hatte bereits in den Jahren zuvor gezeigt, dass er zu besonderen Dingen fähig sein kann, ohne dass ich da an einen Titelgewinn geglaubt hätte. Aber die Erfolge am Anfang haben ihn noch stärker und reifer werden lassen“, meinte Raudies.

Bradl bringe derzeit alles mit, was man zum Weltmeister brauche. „Er fährt konstant und macht wenig Fehler. Anders als andere setzt er seinen Kopf ein und fährt auch mal auf Platz, wenn er merkt, dass er nicht gewinnen kann. Stefan hat einen Granaten-Willen, ist fleißig, besitzt Durchsetzungsvermögen und, was auch sehr wichtig ist, ein homogenes Team“, schwärmte Raudies.

Auch in Zukunft traut er dem Zahlinger viel zu. „Wenn man seinen Fahrstil sieht, seine Schräglage, seine Drifts beim Anbremsen, dann glaube ich schon, er ist schon jetzt reif für höhere Aufgaben. Er besitzt ein hervorragendes Fahrgefühl für große Maschinen, so dass er durchaus in der MotoGP fahren und mithalten könnte“, betonte Raudies.