Facelifting bei Mercedes hinterlässt Spuren
Stuttgart (dpa) - Das Facelifting bei Mercedes hat tiefe Spuren hinterlassen. Erst wurde der frühere Formel-1-Champion Lewis Hamilton für viel Geld bei McLaren als neuer Top-Fahrer losgeeist, dann gewann der schwäbische Autobauer den ehemaligen Weltmeister Niki Lauda für den Aufsichtsrat.
Schließlich erklärte Michael Schumacher seinen Rücktritt - und nun muss nach 22 Jahren für Norbert Haug ein Nachfolger als Motorsportchef gefunden werden. Auf die Frage, ob es auf dieser Suche einen konkreten Zeitplan oder ein klar konturiertes Anforderungsprofil gebe, sagte ein Sprecher des schwäbischen Autobauers der Nachrichtenagentur dpa nur: „Wir werden zu gegebener Zeit über alles informieren.“
Die Personalie Haug ist vor allem aus zwei Gründen für Mercedes von hoher Bedeutung. Denn der frühere Motorsport-Journalist hatte sich für die Königsklasse Formel 1 mindestens genauso wie für das Deutsche Tourenwagen-Masters (DTM) eingesetzt. Daher sind die drängenden Fragen: Wer wird Nachfolger? Wird die Last eventuell auf mehrere Schultern verteilt? Oder muss Lauda erstmal alleine ran?
Fast schon reflexartig wird in Mercedes-Fragen auch der Name Schumacher auftauchen. Aus Sicht des Silberpfeil-Teams wäre es verwunderlich, wenn man nicht einmal den Versuch unternehmen würde, den Rekordchampion zumindest in einer Beraterrolle für das Unternehmen zu gewinnen.
Die Sache mit dem 43-jährigen Kerpener hat nur einen großen Haken: Schumacher kann sich mit einem Job auf Funktionärsebene wohl nur wenig anfreunden. „Darauf freue ich mich jetzt: nicht mehr ständig über die Formel 1 nachdenken zu müssen; das hat mich zum Schluss mehr und mehr gestört“, hatte Schumacher erst vor kurzem dem Nachrichtenmagazin „Stern“ erklärt. „An diesen Aussagen hat sich nichts verändert“, betonte seine Managerin Sabine Kehm.
Schon nach seinem ersten Rücktritt 2006 hatte der 91-malige Grand-Prix-Sieger als Berater für Ferrari gearbeitet. Doch dieser Job füllte den PS-Pensionär nicht aus.
Wie die konkrete Neuausrichtung aussieht, ist Spekulation. Der dreimalige Weltmeister Lauda hatte „Sky Sport News“ nach dem Abschied von Haug am Donnerstag gesagt: „Nach dem Schock wissen wir noch nicht, wie das Problem gelöst wird.“
McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh dankte Haug für die Verdienste. „Ich würde diese Gelegenheit gerne nutzen, Norbert für all die Hilfe und Unterstützung zu danken, die er McLaren so viele Jahre geboten hat“, sagte Whitmarsh dem Fachmagazin „Autosport“. McLaren bezieht in der Formel 1 Motoren von Mercedes und war bis zur Gründung eines eigenen Teams 2010 Premiumpartner.
Die Krux für Haug war die Erfolglosigkeit - trotz des Comebacks von Schumacher. Die Ursache für die Probleme lagen vermutlich auf der Insel: Haug bekam nie den Zugriff auf die dortige Teamleitung. Die Mannschaft um Chefstratege Ross Brawn, dessen WM-Team auf der Jagd nach Titeln von Mercedes aufgekauft worden war, sitzt in England und arbeitet dort eigenständiger, als es die Schwaben vermutlich gerne hätten. Diese Herausforderungen im Binnenklima des ambitionierten Werksteams wird nun ein anderer Motorsportchef lösen müssen.