Angeklagter Ecclestone nicht in China
Shanghai (dpa) - Seinen letzten großen Auftritt vor dem brisanten Schmiergeld-Prozess in München ließ Bernie Ecclestone sausen.
Der schwer unter Druck geratene Formel-1-Geschäftsführer verzichtete am Oster-Wochenende auf eine Reise zum Großen Preis von China und bereitete sich wahrscheinlich auf seine Verteidigung vor dem Münchner Landgericht vor. Vom 24. April an muss sich der 83-Jährige dort wegen Bestechung und Anstiftung zur Untreue in einem besonders schweren Fall verantworten. „Ich gehe in diesen Prozess, um meine Unschuld in der Sache zu beweisen, für die ich angeklagt bin“, beteuerte Ecclestone vor wenigen Tagen.
Mehrfach hatte der Formel-1-Zampano betont, wie viel Zeit ihn der vorerst bis September angesetzte Prozess in München koste. Ihm wird vorgeworfen, dem früheren BayernLB-Vorstand Gerhard Gribkowsky rund 44 Millionen Dollar gezahlt zu haben, um den Verkauf der Formel-1-Anteile in seinem Sinne zu beeinflussen. Im schlimmsten Fall droht Ecclestone Gefängnis. Trotz dieser bedrohlichen Lage hatte er versichert, während des Prozesses weiterhin zu den Rennen in alle Welt reisen zu wollen. „Wir müssen eben ein bisschen härter arbeiten. Das ist alles“, sagte er dem britischen „Telegraph“. Doch in China musste der Grand-Prix-Zirkus ohne seinen Dompteur auskommen.
Dabei gibt es durchaus genug zu tun für Ecclestone. Seit Wochen schwelt ein Streit um die Regel-Revolution mit den neuen Turbomotoren, mit denen sich die Branchenriesen Red Bull und Ferrari noch immer nicht anfreunden können. Die kleinen Rennställe zoffen sich mit den Top-Teams um die Form einer dringend notwendigen Kostenbremse. Mehrere Fahrer baten Ecclestone im Disput um nicht gezahlte Gehälter um Hilfe. Doch der Boss hat erstmal eigene Sorgen.
Um in seinem Kerngeschäft nicht die Kontrolle zu verlieren, will Ecclestone nun wohl zentrale Aufgaben an einen Statthalter delegieren. Sacha Woodward-Hill, die Hausjuristin des Formula One Management, sei dafür auserwählt, berichtete die „Daily Mail“. Die 44 Jahre alte Australierin hat schon länger Ecclestones Vertrauen und nimmt zahlreiche Posten in seinem Firmengeflecht ein. „Sie wird Bernies Felsen sein“, zitierte das Blatt einen angeblichen Insider. Allerdings konnte Ecclestone noch nie gut loslassen, kümmert sich oft auch um kleinste Details in seinem Imperium. Der Prozess zwingt ihn so in echtes Dilemma.
Macht Woodward-Hill ihren Job wirklich gut, könnte sie auch zur Kandidatin für eine Nachfolgelösung werden. Der Formel-1-Rechteinhaber CVC hat bereits klargestellt, dass Ecclestone im Falle einer Verurteilung in München entlassen wird. Einen offiziellen Kronprinzen gibt es bislang nicht, obwohl der Geschäftsführer selbst immer wieder Red-Bull-Teamchef Christian Horner nennt. Der aber lehnte vorerst ab.
Die Frage nach dem Ecclestone-Erben könnte schon bald dringlich werden - auch wenn der Angeklagte weiter an eine Zukunft nach dem Urteil glaubt. „Ich möchte, dass die Leute alle Fakten kennen und ich bin mir sicher, dass das in München passieren wird“, sagte Ecclestone der ARD.