Brawn: In diesem Jahr „noch sehr viel erreichen“

Montreal (dpa) - Formel-1-Rekordweltmeister Michael Schumacher wird nach Ansicht von Mercedes-Teamchef Ross Brawn vom Silberpfeil eingebremst. „Unser Auto hat ihm oft nicht geholfen“, sagte Brawn im Interview der Nachrichtenagentur dpa.

Mit Schumachers Teamgefährten Nico Rosberg sei er „enorm zufrieden“, versicherte der Brite. Gerüchte über eine baldige Vertragsverlängerung für Rosberg wies Brawn aber zurück. „Es ist nicht der Zeitpunkt, um über Verträge für die Zukunft zu sprechen“, betonte er.

Haben Sie nach dem enttäuschenden Saisonstart ihre Ziele korrigiert?

Brawn: „Nicht in dem Sinne, dass wir nicht weiter versuchen würden, so gut wie möglich abzuschneiden. Wir wollen unser Auto verstehen, was ist gut, was nicht, um für das nächste Jahr vorwärtszukommen. Es gibt noch eine Menge Arbeit, die uns sowohl für dieses wie auch für das nächste Jahr helfen kann. Es gab dieses Jahr so viele Veränderungen, die wir noch besser verstehen müssen, damit wir ein besseres Auto für das nächste Jahr haben. Wir arbeiten weiter sehr hart an diesem Auto, schauen uns die Schwächen an, prüfen unsere Möglichkeiten, um die Situation zu verbessern.“

Wissen Sie denn schon, was genau schiefgelaufen ist?

Brawn: „Wir haben gerade sechs Rennen hinter uns. Es ist zu früh, um zu sagen, es ist schiefgelaufen. Wir hatten einen schwierigen Start, dann einen Lichtblick in China, der uns gezeigt hat, dass unser Auto Potenzial hat. Wir müssen einfach konstanter werden. Wir werden unsere Entscheidungen beim Auto überprüfen. Andere Teams haben einen besseren Job mit den Reifen gemacht. Wir haben im Winter einige Entscheidungen getroffen, die wir mit den Informationen, die wir jetzt haben, nicht mehr treffen würden. Das gilt auch für die Auspuff-Technologie, die sich in dieser Saison enorm entwickelt hat. Das sind die Bereiche, die Reifen und der Auspuff, mit denen wir uns für die Zukunft beschäftigen werden.“

Wie weit sind Sie denn bei der Aufholjagd?

Brawn: „Wir haben ein Problem mit dem Verschleiß beim Hinterreifen. Das hat uns in Monaco das Genick gebrochen. Deshalb sahen wir da so schlecht aus. Das müssen wir lösen, dann sind wir dicht an der Spitzengruppe und können die Führenden gelegentlich ärgern.“

Ihre Fahrer und auch Sie sprechen bereits vom nächsten Jahr. Haben Sie denn schon die Ressourcen in Richtung 2012 verlagert?

Brawn: „Nicht mehr als normal. Jedes vernünftige Team startet die Arbeit am neuen Auto irgendwann in der laufenden Saison. Wenn man das erst am Ende macht, dann ist man viel zu spät dran. Wir haben das Programm gestartet, es läuft parallel. Die Ressourcen, die jeweils eingesetzt werden, passen wir je nach Verlauf dieser Saison an. Aber wir wollen in diesem Jahr immer noch sehr viel erreichen. Unsere Organisation vorwärtszutreiben und zu sehen, welchen Fortschritt wir machen können, ist ein wichtiger Teil dieser Arbeit.“

Nico Rosberg hat versichert, dass alle Grundlagen für Erfolg gegeben sind. Sehen Sie das genauso?

Brawn: „Absolut. Ich war leider schon oft in dieser Situation, dass unser Auto nicht konkurrenzfähig genug war. Man muss Vertrauen haben, verstehen, was passiert, reagieren und das Team dort stärken, wo es gebraucht wird. Das machen wir. Es gab Veränderungen in unserem Team. Mit Mercedes haben wir jetzt alle Ressourcen, alle Unterstützung, die wir brauchen, um in Zukunft erfolgreich zu sein. Wir haben eine Gruppe von Leuten, die das schaffen kann. Es ist einfach frustrierend, dass wir im Moment nicht so gute Leistungen zeigen, wie wir es uns wünschen würden.“

Wie im Vorjahr hat Rosberg bislang bessere Ergebnisse als Michael Schumacher erzielt. Was ist der Grund?

Brawn: „Michael hatte einige gute Rennen, die Mut gemacht haben. In anderen hatte er Probleme. Unser Auto hat ihm oft nicht geholfen. Ich würde gern sehen, wo beide Fahrer sind, wenn wir ein wirklich konkurrenzfähiges Auto haben. In der Zeit, wo wir unsere Probleme lösen müssen, ist es schwieriger zu beurteilen. Aber Nico hat einen fantastischen Job gemacht. Es ist für Michael eine große Herausforderung, da mitzuhalten.“

Es gab zuletzt Gerüchte über einen neuen Vertrag für Rosberg. Wollen Sie gern langfristig mit ihm arbeiten?

Brawn: „Ich habe immer wieder gesagt, dass ich enorm zufrieden mit Nico bin. Aber es ist nicht der Zeitpunkt, um über Verträge für die Zukunft zu sprechen. Wir haben andere Probleme. Ich bin happy mit Nico, er ist ein exzellenter Fahrer. Es gibt keinen Grund, ihn auszutauschen. Aber es wird sich zeigen, wie lange wir zusammenarbeiten. Wir müssen beweisen, dass wir das Team sind, bei dem man sein möchte. Er muss zeigen, dass er der Fahrer ist, den wir wollen. Das ist doch ganz normal. Im Moment müssen wir es allerdings mehr beweisen.“

Was sind denn Ihre Erwartungen für das Rennen am Sonntag?

Brawn: „Es könnte ganz gut werden. Wir müssen unsere Schwierigkeiten mit dem Reifenverschleiß in den Griff bekommen. Das haben wir in Monaco unterschätzt. Hier in Montreal wird es ganz wichtig, auf die Reifen aufzupassen. Wenn uns das nicht gelingt, bekommen wir das gleiche Problem wie in Monaco.“