Ecclestone fast unverzichtbar - Nachfolge offen

Berlin (dpa) - Die Suche nach einem möglichen Nachfolger für Bernie Ecclestone läuft nicht erst seit den jüngsten Spekulationen um eine Anklageerhebung auf Touren. Der mittlerweile 82 Jahre alte Brite hat sich in fast vier Jahrzehnten als Herrscher der Formel 1 aber beinahe unverzichtbar gemacht.

Dessen ist sich Ecclestone sehr wohl bewusst. Trotz eines drohenden Verfahrens wegen Bestechung und Untreue will er von einem Rücktritt nichts wissen.

„Eines Tages, wenn ich nicht da sein werde, wird eines der größten Probleme sein, dass ich wirklich gute Beziehungen zu den Rennpromotern habe“, hatte Ecclestone Ende vergangenen Jahres einmal der britischen Zeitung „Independent“ gesagt. Ecclestone hält die Formel 1 am Tropf. „Manche von denen haben mir gesagt: 'Wenn Du nicht da bist, sind wir es auch nicht'. Das ist die Gefahr.“

Denn die Rennveranstalter vertrauen dem knallharten Geschäftsmann Ecclestone. Auch von den deutschen Verantwortlichen ist kein schlechtes Wort über den Briten zu hören. Als es ums Überleben der Formel 1 auf dem Hockenheimring ging, kam Ecclestone den Nordbadenern entgegen. Oberbürgermeister Dieter Gummer sprach im Zuge der Verhandlungen mit dem Formel-1-Boss von angenehmer Gesprächsatmosphäre, „wie eigentlich immer mit Herrn Ecclestone“. Auch der Nürburgring bleibt trotz Finanzdesaster im Rennprogramm und ist am 7. Juli Schauplatz der Großen Preises von Deutschland.

Ecclestone ist der Strippenzieher im Milliardengeschäft um PS und Punkte. Daran änderten auch die neuen Besitzverhältnisse nach dem Verkauf der Formel 1 vor gut sieben Jahren an die Investmentgruppe CVC nichts. Das Unternehmen engagierte Ecclestone als Geschäftsführer. Mit seinem Formula One Management regelt der ehemalige Gebrauchtwagen-Händler den weltweiten Kurs der Königsklasse. Ecclestone ist der erste Ansprechpartner für die Teams, wenn es im sogenannten Concorde Agreement ums Geld geht.

Offen über potenzielle Nachfolger wird in der Formel 1 eigentlich nicht geredet, und das nicht erst, seit Ecclestone in die Ermittlungen um den Verkauf der Formel 1 verwickelt ist. „Das ist unmöglich vorherzusagen“, sagte McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh bereits vor Ecclestones 80. Geburtstag zu möglichen personellen Alternativen.

„Die Verantwortung für die Zukunft der Formel 1 liegt mehr bei CVC als bei Bernie“, betonte einmal der Präsident des Internationalen Automobilverbandes FIA, Jean Todt. „Wenn mein Vertrag mit der Firma ausläuft, können sie mich ersetzen, wenn sie es wollen“, sagte Ecclestone nun in einem Interview der „Bild“-Zeitung. An einen Rücktritt denkt er nicht.

Doch wer soll, kann und will diesen Job im Fall der Fälle übernehmen. Als Kandidatin wurde auch bereits die einzige Teamchefin in der Männer-Domäne gehandelt. „Ich musste schmunzeln“, hatte Monisha Kaltenborn in einem dpa-Interview zu den Spekulationen gesagt. „Tatsache ist, dass ich bei meiner jetzigen Aufgabe sehr glücklich bin und dass ich mit diesem Team noch große Ziele habe. Es gibt also keine Absichten in diese Richtung“, betonte die Verantwortliche des Schweizer Sauber-Rennstalls. Red Bulls Erfolgsteamchef Christian Horner, 39 Jahre alt, ließ ebenfalls schon verlauten, dass er sich in diesem Amt nicht vorstellen könnte.

Auch der Name Justin King fiel bereits. Der Brite, der an diesem Freitag 52 Jahre alt wird, ist der Boss einer großen Supermarktkette. „Ich hab' absolut keine Ahnung, ob der Chef eines Unternehmens wie Sainsbury meinen Job machen könnte. Vielleicht könnte er“, wurde Ecclestone seinerzeit in britischen Medien zu den Spekulationen zitiert.

Ein Headhunter soll seit einiger Zeit mit der Suche beauftragt sein. Innerhalb der Formel 1 wird man bemüht sein, bei einem möglichen Personalwechsel die Machtfülle eines Ecclestone-Nachfolgers einzudämmen. Ob es aber überhaupt zu einer Anklage und damit gegebenenfalls zu weiteren Konsequenzen kommt, ist weiterhin offen.

Die Münchner Staatsanwaltschaft hat sich bislang nicht dazu geäußert, ob sie Anklage gegen Ecclestone erhoben hat. Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch bestätigte nur, dass das Verfahren abgeschlossen sei.

Die „Süddeutsche Zeitung“ hatte berichtet, dass die Staatsanwaltschaft Ecclestone wegen Bestechung eines Amtsträgers und Anstiftung zur Untreue in jeweils besonders schwerem Fall angeklagt habe. Die Anklageschrift sei dem Landgericht Anfang in dieser Woche zugeschickt worden. Dabei geht es um 44 Millionen Dollar, die Ecclestone im Zuge des Verkaufs der Formel-1-Anteile an CVC dem damaligen BayernLB-Vorstand Gerhard Gribkowsky gegeben haben soll. Ecclestone hat seit jeher die Vorwürfe abgestritten.

Gribkowsky war vor knapp einem Jahr vor dem Landgericht München unter anderem wegen Bestechlichkeit zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt worden.