Es war einmal in Spa: Das Schumacher-Märchen
Spa-Francorchamps (dpa) - Sprintstar Carl Lewis stellte einen Weltrekord über 100 Meter auf, Sebastian Vettel war gerade mal vier Jahre alt. Und Michael Schumacher kam am 25. August 1991 bei seinem ersten Formel-1-Rennen nur wenige hundert Meter weit.
Einen bleibenden Eindruck hatte „Schumi“ in den Tagen zuvor aber schon hinterlassen. „Er hat etwas Spezielles“, sagte damals der brasilianische Weltmeister Ayrton Senna, „er hat das Potenzial zu einem sehr konkurrenzfähigen Fahrer.“ Der Brite Nigel Mansell meinte kurz und bündig: „Der Mann hat Mumm.“
Mut, Ehrgeiz und ein großer Wille machten Schumacher zum erfolgreichsten Piloten der Formel 1. „Für das, was Michael bisher in seiner Karriere geleistet und erlebt hat, benötigt man nur drei Worte: einzigartig, exzellent und außergewöhnlich“, sagte sein Bruder Ralf Schumacher der Nachrichtenagentur dpa. „Einzigartig und womöglich für alle Zeit unerreichbar“, beschrieb seine Managerin Sabine Kehm Schumachers bisherige Karriere, wenngleich die Fortsetzung weiter auf ein Erfolgskapitel wartet.
Dabei war der Einstieg des Piloten, der sich anschließend als nimmersatter und nimmermüder Perfektionist einen Namen machte, eher einer Verkettung glücklicher Umstände geschuldet. Der Franzose Bertrand Gachot musste wegen eines Reizgasangriffs auf einen Taxifahrer in Haft, Teamchef Eddie Jordan brauchte Ersatz. Schumachers damaliger Manager Willi Weber erkannte die Lage und machte Jordan Schumacher schmackhaft. Dieser kenne die Strecke in Spa - eine kleine Notlüge, wie sich später herausstellte.
Eine Mitgift, garantiert durch Mercedes, rundete das Angebot ab. Jordan willigte ein. Schumacher erfuhr erst am Donnerstag vor dem Rennen von seinem Einsatz. Nächtigen musste er dann mit Weber in einer Jugendherberge. Dennoch war Schumacher stets hellwach, mit Galavorstellungen im Training auf der für ihn unbekannten Strecke ließ er sein Ausnahmetalent aufblitzen.
Und in Spa sorgte Schumacher für viele weitere Lichtblicke. Ob seine unglaubliche Aufholjagd im Regen 1995 oder seine insgesamt sechs Siege auf der Ardennen-Strecke. An eine Szene aus dem Jahr 1998 erinnert sich der heutige Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali aber ganz besonders: „Michael kam nach einer Kollision mit David Coulthard in die Garage zurück und versuchte, eine 'nette Unterhaltung' in der Boxengasse zu führen.“
Einen derart unbeherrschten Schumacher bekam die Öffentlichkeit sonst eigentlich nicht zu sehen. Schon bei seinem Debüt vor 20 Jahren wurde sein Credo in Sachen Öffentlichkeit deutlich. „Ich hoffe, die Medien übertreiben nicht und jubeln mich nicht in den Himmel hoch“, meinte Schumacher damals zu dem Rummel um seine Person.
Trotz aller Erfolge - sieben WM-Titel, 91 Grand-Prix-Siege - stieg dem während seiner ersten Karriere meist unterkühlt und distanziert wirkenden Schumacher der Erfolg aber nicht zu Kopf. Er sei der „Mensch und der ursprüngliche und so begeisterte und begeisternde Racer geblieben, der er seit Beginn seiner Karriere war - und das ist seine größte Leistung überhaupt“, betonte Sabine Kehm.