Formel-1-Neuling Baku bleibt umstritten

Baku (dpa) - Die Kritik am neuen Formel-1-Standort Baku kommt spät, und kaum jemand hat sie beim Abschlusskonzert von US-Starmusiker Pharrell Williams erwartet.

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Die Jugend von Aserbaidschan werde nach Veränderung streben, ruft „Happy“-Sänger Williams und fordert die Menge auf, das letzte Lied gemeinsam zu singen: „Freedom“ - Freiheit. Die Geste hatte der Sänger mit der Menschenrechtskampagne Sport for Rights abgesprochen. Die Organisation hatte im vergangenen Jahr der US-Sängerin Lady Gaga vorgeworfen, beim Auftritt im autoritär regierten Aserbaidschan die Demokratiedefizite verschwiegen zu haben.

Wegen des unbequemen Themas Menschenrechte dürfte den Formel-1-Fahrern und Gästen der Abschied von der Südkaukasusrepublik leicht gefallen sein, trotz Sonne satt und strahlend blauem Himmel. Als die meisten abdüsten, waren in der Metropole am Kaspischen Meer am Montag Tausende Arbeiter noch mitten im Großreinemachen. Helelik, Baki - auf Wiedersehen, Baku, heißt es nach dem Sieg von Nico Rosberg bei der Rennpremiere in der öl- und gasreichen Ex-Sowjetrepublik.

Die aserbaidschanischen Staatsmedien feierten den Großen Preis von Europa in ihrem Land frenetisch. Von einem „triumphalen Wettkampf in einer der wichtigsten Sportarten der Welt“, spricht ein TV-Moderator. Präsident Ilham Aliyev dürfte das Rennen als weiteren Versuch verbuchen, mit internationalen Großereignissen Imagepflege zu betreiben. Zahlreiche seiner Landsleute haben aber gemischte Gefühle.

In Gesprächen äußern die Menschen in Baku meist Stolz, dass ihre Stadt im Rampenlicht der Weltsports steht. Im gleichen Atemzug bedauern sie, sich die Tickets nicht leisten zu können. Viele Besitzer von Restaurants oder Souvenirläden in der Unesco-geschützten Altstadt räumen ein, sich bessere Geschäfte versprochen zu haben.

Vahid Veliyev ist aber zufrieden. Der 52-Jährige hat seinen Balkon am Prospekt der Ölarbeiter, auf dem die Piloten am Sonntag mit Tempo 350 entlangschossen, an russische Motorsportfans vermietet. „500 Dollar für drei Tage, Tee und Gebäck inbegriffen“, sagt Veliyev und grinst. Andere Anwohner des Stadtkurses sind weniger begeistert. „Das Brüllen der Motoren war wie ein Erdbeben“, klagt etwa Vusala Mammadova. Sie will nächstes Jahr zur Zeit des Rennens lieber die Stadt verlassen.

Den Grand Prix will Präsident Aliyev nun umzumünzen in einen Besucherboom in der islamisch geprägten Republik. Beobachter sind skeptisch, ob das gelingen kann - in einem Land, in dem Polizisten fotografierende Touristen barsch nach dem Ausweis fragen.

Experten schließen aber eine Nachhaltigkeit nicht aus. „In den kommenden Jahren werden die Kosten für die Infrastruktur minimal sein, weil alles schon gekauft ist“, sagt der aserbaidschanische Publizist Hafiz Babaly. Um Touristen anzulocken, seien aber etwa Visafreiheit und günstigere Hotels nötig, meint er. Blogger hatten recherchiert, dass Luxushotels in Baku während des Rennens teurer waren als etwa gleichwertige Zimmer in Washington oder London.